# taz.de -- Kolumne Lügenleser: Potzblitzkrieg! | |
> Für die AfD ist der Tabubruch oberste Maxime, da kann ein Höcke den Arm | |
> gar nicht hoch genug halten. Ihre Wähler verstehen sehr gut, worum es | |
> geht. | |
Bild: Massenmörder Anders Behring Breivik mit deutschem Gruß vor Gericht am a… | |
Das Handy vibriert. Mehre News-Apps senden Push-Nachrichten. Ein | |
untrügliches Zeichen, dass es etwas Wichtiges passiert sein muss.„News-Apps | |
und Push-Nachrichten, wer soll denn diese entartete Sprache noch | |
verstehen?“ Ist gut, Internet, jetzt geht es erst mal um was anderes. In | |
letzter Zeit waren die „Eilnews“ immer öfter erschreckend irrelevant oder | |
gar falsch. Spiegel Online meldete vor wenigen Tagen das Verbot der NPD und | |
entschuldigte sich kurz darauf. So ein „Eilnews“-Account lebt eben von der | |
Schnelligkeit. Passiert den Besten. | |
Und diesmal? „Nach umstrittener Rede: AfD-Vorstand stimmt gegen ein | |
Ausschlussverfahren im Fall Höcke.“ Potzblitzkrieg! Wer hätte das gedacht. | |
Dabei hatte sich die Petry doch schon halbgar distanziert. Über WhatsApp | |
wurden Bildchen mit einem Riss in einer ewigen Eisfläche verschickt. Der | |
Text dazu lautete: „Ausschluss von Björn Höcke = Spaltung in Ost- und | |
West-AfD! Lieber Bundesvorstand, seien sie keine Spalter!“ | |
Woher ich das weiß? Weil ich in Netzwerken bin, in denen solche Aufrufe | |
verteilt werden. Das ist wesentlich informativer und aufschlussreicher, als | |
darauf zu warten dass sich eine Partei, die den Tabubruch als oberste | |
Maxime auserkoren hat, selbst zerfleischt, oder über den Stock zu springen, | |
den Minusmenschen wie Höcke einem vorhalten. | |
Inzwischen hält er den Stock extrem hoch. So hoch, dass der Arm gerade | |
ausgestreckt auf Höhe seines Kopfes zu finden ist. Und dennoch wird wieder | |
fleißig gesprungen. Und nun, als klar ist, dass es in der AfD mal wieder | |
weitergeht wie zuvor, kommen erneut die Kommentare, die man schon vor einem | |
Jahr lesen konnte. „Damit unterscheidet sich die AfD von der NPD nur noch | |
durch ihren Namen. Wer AfD wählt, wählt Nazis“ oder „Jetzt wird wenigstens | |
klar, wofür diese Partei steht.“ | |
Als ob man mit Worten hier noch was erreichen kann. Als ob es jemals eine | |
Frage war, wofür diese Partei steht. | |
Wer ist hier verwirrt? | |
Als ob die Wähler nicht genau wüssten, wen sie da wählen. Als gäbe es keine | |
erschreckend hohen Anteil an Menschen mit faschistischen, rassistischen und | |
antisemitischen Gedanken in diesem Land. Als läge das Potenzial für eine | |
offen rechtsradikale Partei in Deutschland nicht locker bei 25 Prozent. | |
Auch die Gegner der AfD denken, dass es sich bei dem Großteil der Anhänger | |
um etwas verwirrte oder schlecht aufgeklärte Menschen handelt, die beim | |
x-ten Tabubruch schon merken werden, dass es so aber nun wirklich nicht | |
geht. Irgendwann werden die doch aufwachen. Dass Politik so nicht mehr | |
funktioniert, wurde unlängst bewiesen. Danke, Trump. | |
„Ihr müßt sie lieb und nett behandeln / erschreckt sie nicht – sie sind so | |
zart! / Ihr müßt mit Palmen sie umwandeln, / getreulich ihrer Eigenart! / | |
Pfeift euerm Hunde, wenn er kläfft –: Küßt die Faschisten, wo ihr sie | |
trefft!“ schrieb Theobild Tiger 1931 hoch ironisch. Der spontane Kuss vor | |
der Kamera, den Alt-Right-Aktivist Richard B. Spencer während Trumps | |
Amtseinführung vor laufenden Kameras kassierte, war ein schönes Beispiel. | |
Wenn wir Faschismus erkennen, muss die Antwort immer aktiver Antifaschismus | |
sein. | |
28 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Juri Sternburg | |
## TAGS | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Björn Höcke | |
Nazis | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
Dresden | |
Jahr 2016 | |
Deutsche Leitkultur | |
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