# taz.de -- Nachruf auf Tony Atkinson: Ungleichheit und Armut | |
> Der britische Wirtschaftswissenschaftler hat die ungleiche Verteilung der | |
> Einkommen erforscht. Nun ist Tony Atkinson gestorben. | |
Bild: Tony Atkinson im September 2015 in Amsterdam | |
BERLIN taz | In jedem Herbst lief die gleiche Wette: Würde Tony Atkinson | |
diesmal den Nobelpreis für Ökonomie erhalten? Der Brite war der weltweit | |
führende Forscher zum Thema Armut und Ungleichheit. Jetzt ist er am | |
Neujahrstag im Alter von 72 Jahren gestorben. | |
Ursprünglich wollte Atkinson Mathematiker werden, doch nach seinem Abitur | |
arbeitete er zunächst als Krankenpfleger in Hamburg, „in einem ziemlich | |
heruntergekommenen Hospital“, wie er sich später erinnerte. Armut wurde für | |
ihn plötzlich zum Thema, und es zog ihn nun zu den | |
Wirtschaftswissenschaften. | |
Atkinson studierte in Cambridge – und lernte dort eine Ökonomie kennen, die | |
sich für die empirischen Realitäten interessierte und nicht für abstrakte | |
Modelle. Denn sein Lehrer war der spätere Nobelpreisträger James Meade, der | |
eng mit John Maynard Keynes zusammengearbeitet hatte. Von Meade und Keynes | |
stammt beispielsweise die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, wie sie noch | |
heute verwendet wird. | |
Atkinson war unter anderem Professor an der London School of Economics, in | |
Cambridge, Oxford und Harvard. Doch am stärksten prägte ihn wahrscheinlich | |
ein Abstecher an das MIT. 1973 traf er dort auf den späteren | |
Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, mit dem er seither eng zusammenarbeitete. | |
Mit Stiglitz schrieb er unter anderem ein Lehrbuch über öffentliche | |
Finanzen, das zum Standardwerk avancierte. | |
## Weltweite Datenbank | |
Im Jahr 2000 wurde Atkinson für seine Verdienste geadelt, zu denen auch | |
eine weltweite Datenbank gehört, die anhand von Steuern die historische | |
Entwicklung von Einkommen und Vermögen nachzeichnet. | |
Diese Datenbank nutzte der Franzose Thomas Piketty, um 2013 seinen | |
Weltbestseller „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ zu veröffentlichen. Piketty | |
ist Atkinsons berühmtester Schüler, doch das Verhältnis war nicht | |
spannungsfrei. Freimütig gab Atkinson in Interviews zum Besten, dass er | |
Pikettys Theorie etwas schmalbrüstig fand. Unter anderem monierte Atkinson, | |
dass sich Piketty vor allem für die „Superreichen“ interessiert und eher | |
vernachlässigt, wie man den Armen helfen kann. Auch die | |
Generationskonflikte kämen nicht vor. „Das halte ich für falsch.“ | |
Also schrieb Atkinson ein eigenes Buch, das 2016 auf Deutsch erschien: | |
„Ungleichheit. Was wir dagegen tun können.“ Es liest sich bereits wie ein | |
Vermächtnis. | |
2 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
## TAGS | |
Ökonomie | |
Einkommen | |
Thomas Piketty | |
soziale Ungleichheit | |
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