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# taz.de -- Elbvertiefung auf dem Prüfstand: Baggerpläne drohen zu scheitern
> In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht stehen die Pläne zur
> Ausbaggerung der Unterelbe auf dem Prüfstand.
Bild: Für Riesenpötte wie diesen soll die Elbe ausgebaggert werden: Die „OO…
HAMBURG taz | Hamburg hat eine neue Baustelle: Die Medemrinne vor dem
Nordufer der Elbmündung könnte sich als Sargnagel für die geplante
Elbvertiefung erweisen. Das ist der Eindruck aus der Verhandlung vor dem
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das seit Montag und noch bis zum
heutigen Mittwoch in letzter Instanz über die Planungen des Hamburger
Senats und des Bundesverkehrsministeriums verhandelt: Die Baggerpläne
könnten ins Wasser fallen.
Ein Gutachten von Ulrich Zanke, Professor für Wasserbau an der Technischen
Universität Darmstadt, hat die Planungen von Stadt und Bund erschüttert.
Die sehen im Mündungsgebiet des Flusses große Ablagerungsflächen vor, auf
denen künstliche Sandbremsen den Flutstrom mindern und das Einspülen von
Schlick in die Fahrrinne verhindern sollen. Maximal um sechs Zentimeter
werde sich der Pegel auf St. Pauli durch die Elbvertiefung erhöhen, hatte
die Bundesanstalt für Wasserbau (BWA) in Modellen errechnet, die Teil der
offiziellen Planunterlagen sind. Diese Berechnungen fußen aus zweiwöchigen
Modellrechnungen.
Zanke ließ seine Computer einen Zeitraum von sechs Jahren berechnen – mit
dem Ergebnis, dass das BWA-Modell nach spätestens einem Jahr von der Elbe
weggespült werden würde. Nach sechs Jahren würde der Pegel im Hamburger
Hafen um 15 Zentimeter gestiegen sein – mehr als das Doppelte. Damit würden
die Umweltauswirkungen vor allem auf Flachwasserbereiche völlig neu zu
berechnen sein – sofern die Bundesrichter das verlangen. Welcher von beiden
Expertisen der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts zuneigt, war in der
Verhandlung am gestrigen Dienstag indes nicht zu erkennen. „Wir haben sehr
gute Argumente“, beteuern Kläger wie Beklagte übereinstimmend.
Das Leipziger Gericht verhandelt bereits zum zweiten Mal über die
umstrittene Elbvertiefung (siehe Kasten). Vor drei Jahren hatte es das
erste Verfahren ausgesetzt und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um die
verbindliche Interpretation der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) der EU
gebeten. Diese Auslegung liegt seit dem Juli 2015 vor und besagt im
Wesentlichen, dass der Gewässerschutz bei jedem Einzelprojekt verbindlich
sei. Ausnahmen „im übergeordneten öffentlichen Interesse“ seien nur
möglich, wenn „alle praktikablen Vorkehrungen getroffen wurden, um negative
Auswirkungen zu mindern“.
Die Verschlechterung auch nur einer von mehreren biologischen
Qualitätskomponenten, nach denen Gewässer in Güteklassen eingeteilt werden,
führe zur Unzulässigkeit der gesamten Maßnahme – es sei denn, sie werde so
wirksam ausgeglichen, dass insgesamt eine ökologische Verbesserung erreicht
wird, so der EuGH. Und eben darauf setzt Hamburg.
Denn ökologische Verschlechterungen durch die inzwischen neunte Vertiefung
der Unterelbe bestreitet nicht einmal die Wirtschaftsbehörde, aber sie
betont den Nutzen. Denn die Vertiefung schaffe Arbeitsplätze, Wachstum und
Wohlstand in der Metropolregion, in der etwa 150.000 Jobs vom Hafen
abhängig sind.
Den ökologischen Schaden bewerten die Umweltverbände BUND, Nabu und WWF
naturgemäß höher. Deshalb haben sie die Klage gegen das Vorhaben
eingereicht, über die nun abschließend entschieden werden wird. 2014 hatten
die Leipziger Richter bereits einen vorläufigen Baustopp verhängt, der bis
heute andauert.
Über die Konsequenzen des EuGH-Spruchs zur Wasserrahmenrichtlinie begann
das Leipziger Bundesgericht am Dienstag erst am späten Nachmittag zu
verhandeln. Kläger wie Beklagte gingen zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass
dieses Thema auch den heutigen Mittwoch beherrschen würde. Ökologische
Verschlechterungen könnten zum Beispiel den Holzhafen an der Norderelbe
oberhalb des Hamburger Hafens. Dieser Flachwasserzone, ein wichtiges Brut-
und Rastgebiet seltener Vogelarten, drohe durch die nächste Elbvertiefung
eine massive Verschlickung, befürchten die klagenden Verbände. Die
planenden Behörden hingegen bestreiten das.
Wie das Verfahren ausgeht, ist offen. Frühestens im Januar ist mit einen
Urteil zu rechnen.
21 Dec 2016
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Elbvertiefung
Bundesverwaltungsgericht
Elbvertiefung
Elbe
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Bundesverwaltungsgericht wahrscheinlich.
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