| # taz.de -- Bezirksamt in Lichtenberg: Lieber ohne AfD-Stadtrat | |
| > Mit einem Geschäftsordnungstrick soll das Bezirksamt in Lichtenberg | |
| > arbeitsfähig werden, auch wenn der AfD-Kandidat bei der Wahl durchfällt. | |
| Bild: Die AfD: In Lichtenberg sollen sie kein Stück vom Mettigel äh Bezirksam… | |
| Wenn am Donnerstag im zweiten Anlauf in der Lichtenberger | |
| Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ein Bezirksamt gewählt werden sollte, | |
| wird dieses seine Arbeit wahrscheinlich ohne einen AfD-Vertreter aufnehmen. | |
| Die AfD wurde in Lichtenberg mit 19 Prozent drittstärkste Fraktion, ihr | |
| steht ein Stadtratsposten zu. Doch der Ältestenrat im Bezirksparlament hat | |
| sich einen Trick ausgedacht, der es möglich machen soll, dass das | |
| Bezirksamt auch arbeitsfähig ist, wenn ein Stadtrat nicht gewählt werden | |
| sollte. | |
| Die AfD hat mit dem umstrittenen Statistikdozenten Wolfgang Hebold einen | |
| Rechtsaußenmann nominiert, dem Vertreter aller anderen Fraktionen ihre | |
| Stimme verweigern wollen. Hebold hat in diesem Jahr zwei Lehraufträge und | |
| eine Anstellung an einer Berliner Hochschule verloren, als | |
| Rassismusvorwürfe gegen ihn aufkamen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt | |
| gegen ihn wegen Volksverhetzung. | |
| Laut ihrem Stimmenanteil darf die AfD ihren Stadtrat an dritter Stelle zur | |
| Abstimmung stellen. Das heißt, zuerst stimmt die BVV über den | |
| Bürgermeisterkandidaten der Linken und anschließend über eine von der SPD | |
| nominierte Stadträtin ab. An dritter Stelle darf die AfD ihren Kandidaten | |
| zur Abstimmung stellen. Normalerweise stünden der AfD dafür beliebig viele | |
| Wahlgänge zu: Würde ihr Stadtrat nicht gewählt, könnten auch die Wahlgänge | |
| für die beiden folgenden Stadträte, die CDU und Linke vorschlagen dürfen, | |
| nicht stattfinden. Ein Bezirksamt würde nicht zustande kommen, weil das | |
| mindestens drei Mitglieder haben muss. | |
| Daher haben die Lichtenberger ihre Geschäftsordnung geändert, erklärt | |
| SPD-Fraktionschef Kevin Hönicke der taz. „Wir haben vereinbart, dass nach | |
| zwei misslungenen Wahlakten für einen Stadtrat erst einmal die anderen | |
| Stadträte gewählt werden. Die Fraktion, deren Kandidat durchgefallen ist, | |
| kommt erst ganz zum Schluss wieder zum Zug.“ Also: Wird Hebold nicht | |
| gewählt, wofür viel spricht, können trotzdem die beiden anderen | |
| Bezirksamtsmitglieder gewählt werden. Das Bezirksamt hätte dann vier | |
| Mitglieder und wäre arbeitsfähig. | |
| Anschließend kann die AfD erneut KandidatInnen zur Wahl stellen, bis die | |
| gewählt werden. Oder auch nicht. Grünen-Fraktionschefin Camilla Schuler | |
| sagt dazu: „SPD, Linke, CDU und wir werden Hebold nicht wählen. Sollte die | |
| AfD jemand anderen nominieren, müssen wir neu entscheiden.“ | |
| Die Änderung der Geschäftsordnung sei mit den Stimmen aller Fraktionen | |
| zustande gekommen, auch mit denen der AfD, so Hönicke. Haben die politisch | |
| unerfahrenen Rechtspopulisten die Sprengkraft dieser Regel nicht erkannt | |
| und geschlafen? Gut möglich, sagt Hönicke. „Aber möglich wäre auch, dass | |
| sie gar keinen Stadtrat wählen lassen wollen, sondern dass ihnen die | |
| öffentliche Aufmerksamkeit über die Nichtwahl lieber ist.“ | |
| ## Selbst für AfD-Maßstäbe extrem rechts | |
| Als Aufgabengebiet im Bezirksamt haben die anderen Parteien der AfD | |
| übrigens die „regionalisierten Ordnungsangelegenheiten“ zugedacht – also | |
| ein gestutztes Ordnungsamt. Sollte es tatsächlich irgendwann einen | |
| AfD-Stadtrat geben, müsste dieser Autowracks oder tote Katzen von | |
| Lichtenbergs Straßen räumen lassen. Eine Aufgabe, die andere Stadträte mit | |
| erledigen können, wenn das Bezirksamt wie erwartet kleiner ausfällt. | |
| Die Lichtenberger AfD gilt selbst für AfD-Maßstäbe als extrem rechts. Neben | |
| Hebold kommt auch der Abgeordnete Kay Nerstheimer aus Lichtenberg, der als | |
| Einzelverordneter im Abgeordnetenhaus sitzt, weil ihn die AfD-Fraktion | |
| nicht haben wollte. | |
| Das ganze Szenario greift natürlich nur, wenn Bürgermeister Michael Grunst | |
| am Donnerstag in der BVV eine Mehrheit findet. Die Linke hatte ihn | |
| nominiert, nachdem ihre ursprüngliche Bürgermeisterkandidatin Evrim Sommer | |
| in zwei Wahlgängen durchgefallen war. | |
| 12 Dec 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Marina Mai | |
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