# taz.de -- Steuervergünstigung für Eltern: Verfassungswidrige Kinderfreibetr… | |
> Das Finanzgericht Niedersachsen erklärt die Beträge als zu gering – und | |
> der Verfassung entsprächen sie auch nicht. Nun ist Karlsruhe an der | |
> Reihe. Worum geht es? | |
Bild: Kinder kosten Geld. Immerhin bringen sie Steuerersparnisse ein | |
HANNOVER dpa | Aus Sicht des niedersächsischen Finanzgerichts sind die | |
Kinderfreibeträge der Bundesregierung 2014 zu niedrig gewesen. Und nicht | |
nur das: Auch die Art und Weise, wie die Bundesregierung die Freibeträge | |
berechnet, ist für die Richter verfassungswidrig. Nun ist das | |
Bundesverfassungsgericht am Zug. | |
Was ist der Kinderfreibetrag? | |
Mit dem Kinderfreibetrag soll den Eltern ein bestimmter Teil des Einkommens | |
steuerfrei belassen werden, um das Existenzminimum ihrer Kinder | |
abzusichern. Aktuell liegt dieser Kinderfreibetrag im Jahr bei 2304 Euro | |
pro Elternteil. „Der Kinderfreibetrag wird im Rahmen der | |
Einkommensteuererklärung berücksichtigt“, erklärt Isabel Klocke vom Bund | |
der Steuerzahler. Fällt die Steuerersparnis geringer aus als das erhaltene | |
Kindergeld, wird der Kinderfreibetrag nicht berücksichtigt. | |
Worum ging es in der Verhandlung? | |
In regelmäßigen Abständen legt die Bundesregierung die neuen steuerlichen | |
Freibeträge für Erwachsene und Kinder fest. Für 2014 sah der sogenannte | |
Existenzminimumbericht vor, dass der sächliche Kinderfreibetrag bei 4.440 | |
Euro pro Kind, also bei 2.220 Euro pro Elternteil liegen sollte. „Diese | |
Ankündigung hat der Gesetzgeber jedoch nicht umgesetzt“, heißt es beim | |
niedersächsischen Finanzgericht. „Die Kinderfreibeträge sind vielmehr erst | |
ab dem Veranlagungszeitraum 2015 angehoben worden.“ Der Betrag blieb im | |
Jahr 2014 bei 4.368 Euro und damit unter den eigenen Vorgaben. Eine Mutter | |
von zwei Kindern im Alter von damals 16 und 21 Jahren hat dagegen geklagt. | |
Ihr seien im Jahr 2014 dadurch insgesamt 820 Euro an Steuervergünstigungen | |
verloren gegangen. | |
Worum ging es noch? | |
Das Gericht hat am Freitag deutlich gemacht, dass diese Frage nur einen | |
kleinen Aspekt der gesamten Klage darstellt. Für Richterin Georgia Gascard | |
ging es um viel mehr: Aus Sicht des Gerichts ist die Art und Weise, wie die | |
Bundesregierung die Kinderfreibeträge berechnet, verfassungswidrig. | |
Wie begründet das Gericht diese Meinung? | |
Das steuerliche Existenzminimum gilt einheitlich für alle Kinder, egal wie | |
alt sie sind. Und es liegt zum Teil deutlich unter den Beträgen, die Eltern | |
für ihre Kinder im Sozialhilfefall ausgezahlt bekämen. Die Sozialhilfe wird | |
aber nach dem Alter der Kinder gestaffelt gezahlt. Diese Ungleichbehandlung | |
ist aus Sicht des Finanzgerichts verfassungswidrig. | |
Wie geht es nun weiter? | |
Die Klage wird nun zur endgültigen Entscheidung dem | |
Bundesverfassungsgericht vorgelegt. „Bis dort eine Entscheidung gefällt | |
wird, können drei oder vier Jahre vergehen“, sagte Finanzgerichtssprecher | |
Jörg Grune. Die Karlsruher Richter könnten die Klage sogar ablehnen, das | |
gilt aber als unwahrscheinlich. | |
Sollte auch das Bundesverfassungsgericht im Sinne der Klägerin entscheiden, | |
gibt es zwei Möglichkeiten: Die wahrscheinlichste wäre, dass es der | |
Bundesregierung eine Frist einräumt, innerhalb derer sie die | |
verfassungswidrigen Punkte ändern muss. „Es könnte aber auch sein, dass das | |
Gericht der Bundesregierung eine Nachzahlung der Steuerfreibeträge | |
auferlegt“, sagt Klägerin Reina Becker. | |
2 Dec 2016 | |
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