# taz.de -- Prozess am Bundesarbeitsgericht: Kein Facebook ohne den Betriebsrat | |
> Wollen Firmen in Online-Netzwerken werben, müssen sie die | |
> Mitarbeitervertretung fragen. Anlass für das Urteil ist ein Streit beim | |
> Roten Kreuz. | |
Bild: Arbeitgeber aufgepasst: Der Betriebsrat schaut zu! | |
Freiburg taz | Der Betriebsrat muss zustimmen, wenn ein Unternehmen auf | |
seiner Facebook-Seite das Posten von Kommentaren zulässt. Das entschied am | |
Dienstag das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Grundsatzurteil. Der | |
„Überwachungsdruck“ für die Mitarbeiter wachse, so BAG-Präsidentin Ingrid | |
Schmidt, wenn bei Facebook jedermann die Mitarbeiter öffentlich kritisieren | |
könne. | |
Konkret ging es um den Blutspendedienst West des Deutschen Roten Kreuzes | |
(DRK), ein Unternehmen mit 1.300 Mitarbeitern in Nordrhein-Westfalen, | |
Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Seit 2013 hat der Blutspendedienst West | |
auch eine Facebook-Präsenz. Gleich in den ersten Tagen wurde auf der | |
virtuellen Pinnwand deutliche Kritik an einzelnen Mitarbeitern geübt. | |
Eine Krankenschwester solle erst mal lernen, wie man eine Spritze setzt, | |
hieß es. Auch ein Arzt wurde kritisiert, weil er angeblich eine ältere Frau | |
vor der Blutspende nicht richtig untersucht habe, worauf diese bei der | |
Blutabnahme kollabiert sei. Mitarbeiter beschwerten sich daraufhin beim | |
Betriebsrat über den virtuellen Pranger. Der Konzernbetriebsrat forderte | |
daraufhin, die Facebook-Seite abzuschalten, solange er nicht zugestimmt | |
habe. | |
Die entscheidende Frage war also, ob die Einrichtung einer Facebook-Präsenz | |
nur mit Zustimmung des Betriebsrats möglich ist. Der Konzernbetriebsrat des | |
Blutspendedienstes berief sich auf eine Klausel im | |
Betriebsverfassungsgesetz. Danach kann der Betriebsrat mitbestimmen, wenn | |
„technische Einrichtungen“ eingeführt werden, „die dazu bestimmt sind, d… | |
Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen“. Dies gelte | |
auch für diese Facebook-Seite, weil hier die Blutspender zu einer | |
zusätzlichen Kontrollinstanz würden. | |
## Urteil betrifft alle | |
Der DRK-Dienst fand das jedoch abwegig. Auf Facebook gehe es um Marketing, | |
nicht um Überwachung. Man schaffe einen zusätzlichen Kanal für den Dialog | |
mit den Blutspendern. Es mache doch keinen Unterschied, ob ein | |
unzufriedener Spender eine E-Mail oder einen Brief schreibe oder ob er | |
seinen Unmut bei Facebook poste. | |
Das BAG folgte nun aber im Kern dem Betriebsrat. Immer wenn auf der | |
Facebook-Seite eines Unternehmens die Posting-Funktion freigeschaltet ist, | |
muss der Betriebsrat gefragt werden, erklärte BAG-Präsidentin Schmidt. Nur | |
eine Facebook-Seite ohne Kommentarfunktion kann das Unternehmen | |
mitbestimmungsfrei in Betrieb nehmen. | |
Unternehmen und Betriebsrat müssen jetzt über die Modalitäten verhandeln, | |
zum Beispiel ob Kritik an einzelnen Mitarbeitern grundsätzlich entfernt | |
werden muss. Falls kein Konsens möglich ist, muss eine arbeitsrechtliche | |
Einigungsstelle entscheiden. „Das Urteil betrifft alle Unternehmen, die | |
bereits eine Facebook-Präsenz haben oder eine einrichten wollen“, sagte | |
Wolfgang Reinfelder, der Sprecher des BAG. | |
13 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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