# taz.de -- Smarte Wasserzähler: Der Ehrgeiz spült mit | |
> Digitale Wasseruhren sollen helfen, sparsamer mit der Ressource | |
> umzugehen. Aber die Wasserversorger wollen viel Wasser verkaufen. | |
Bild: Ohne Schnörkel und Hintergedanken: So sehen sie aus, die smarten Wasserz… | |
Berlin taz | „Weißt du, wo dein Wasserzähler ist?“, fragen Konstantin | |
Berezin und Ariel Drach jeden, der sich auf der „Tel Aviv Week“ im Berliner | |
Startup-Campus Factory für ihr Projekt interessiert. Wenn die Antwort | |
„irgendwo im Keller“ lautet, fühlen sie sich bestätigt: „Wie sollen die | |
Menschen Wasser sparen, wenn sie nicht wissen, wieviel sie verbrauchen?“ | |
Berezin und Drach haben deshalb zusammen mit Alex Sudak das Startup | |
BrighTap gegründet, das digitale Wasserzähler für Wasserhähne und Leitungen | |
bauen will. Als Zielmarkt peilen die drei Israelis unter andrem ihr | |
Heimatland an, wo Wasser knapp ist und jeder Tropfen gemanaged werden muss. | |
Die Zähler sollen im Gegensatz zu normalen Wasseruhren handlich sein und | |
fast an alle Wasserhähne passen. Auf einem LCD-Display direkt am Hahn ist | |
abzulesen, wie lange das Wasser schon läuft und wie warm es ist. „Damit | |
können wir das Bewusstsein stärken und auch die Kosten senken“, erklärt | |
Drach. | |
Die Messgeräte senden die Daten an eine Cloud, sie können über das | |
Smartphone abgerufen werden. Nutzer sehen dann, ob sie im Vergleich zum | |
Durchschnitt viel oder wenig Wasser verbrauchen. „In der Cloud wird nur die | |
Gerätenummer gespeichert, die ungefähre Gegend und ob der Wasserhahn in der | |
Küche ist oder im Bad“, erklärt Berezin. | |
## Keine Konkurrenz für die Uhr im Keller | |
Datenschützer bräuchten sich also keine Sorgen machen, dass die Daten zu | |
einzelnen Personen rückverfolgbar sind. Zudem messen die Geräte im | |
Unterschied zu den herkömmlichen Wasserzählern nicht den gesamten | |
Wasserverbrauch eines Haushalts. Denn dafür müssten Nutzer überall Zähler | |
anbringen. Das ist jedoch nicht das Ziel von BrighTap. „Wir werden nicht | |
versuchen, dem Wasserzähler im Keller Konkurrenz zu machen“, erklärt Drach. | |
Konkurrenz machen die Gründer höchstens der Schweizer Firma Amphiro, ein | |
Spinoff der eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, die ein | |
ähnliches Gerät für Duschen entworfen hat. Deren Messgerät misst zwar auch | |
den Durchfluss, zeigt aber an, wieviel Energie gebraucht wurde um das | |
Wasser zu erhitzen. Das ist in Mitteleuropa derzeit noch relevanter als | |
Wassersparen. Auf dem Display ist ein Eisbär auf einer Scholle zu sehen. | |
Wer besonders heiß und lange duscht, bringt die Scholle zum Schmelzen, das | |
Tier verschwindet. | |
Doch sorgt ein ertrinkender Eisbär oder der Vergleich mit anderen dafür, | |
dass Menschen wirklich kürzer duschen? Forscher der ETH Zürich, die an der | |
Entwicklung von Amphiro beteiligt waren, haben die Auswirkungen des Geräts | |
in mehreren Studien getestet: „Der Energie- und Wasserverbrauch war bei den | |
Studienteilnehmern mit Amphiro um 22 Prozent niedriger als bei denen ohne“, | |
sagt Mitautorin Verena Tiefenbeck. Weil die Studien bis zu sechs Monate | |
lang liefen, gehe man davon aus, dass die Teilnehmer ihr Verhalten auch | |
nach der Studie beibehielten. | |
Die Forscher haben auch die Wirkung von Smart Metern für Strom untersucht,, | |
wie die Bundesregierung sie derzeit plant. Ergebnis: „Der Fokus auf | |
einzelne Handlungen bringt mehr. Wenn die Menschen ihren | |
Gesamtstromverbrauch sehen, wissen sie nicht, wo sie ansetzen sollen“, so | |
Tiefenbeck. | |
In Deutschland werden die „schlauen“ Stromzähler ab 2020 für große | |
Verbraucher Pflicht, für Wasser gibt es noch keine Pläne. „Digitale | |
Wasserzähler werden in Deutschland bisher vor allem dafür genutzt, Lecks im | |
Rohrnetz schnell zu finden“, erklärt Stefan Luig vom Verband Kommunaler | |
Unternehmen. In den USA sind smarte Wasserzähler, die stündlich Daten an | |
den Wasserversorger senden, schon Realität: Im trockenen San Francisco | |
haben schon 96 Prozent aller Haushalte ein solches Gerät | |
„Die Wasserversorger wollen nicht zum Sparen anregen, sie wollen Wasser | |
verkaufen. Mit unserem Zähler kann man seinen eigenen Verbrauch selbst | |
kontrollieren“: Das macht für Berezin den Unterschied zu BrighTap aus. Der | |
Prototyp soll im März fertig sein. | |
14 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Friederike Meier | |
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