# taz.de -- Parlamentswahl in Kuwait: Viele Sitze für die Opposition | |
> Von 50 Sitzen gingen 24 an die Opposition, aber nur einer an eine Frau. | |
> Die Mehrheit des neuen Parlaments lehnt Sparmaßnahmen ab – trotz einer | |
> Haushaltskrise. | |
Bild: Kuwait ist der einzige Golfstaat, der über eine frei gewählte Nationalv… | |
KUWAIT-STADT afp/ap | Die Wähler in Kuwait haben der Regierung bei der | |
vorgezogenen Parlamentswahl einen Denkzettel verpasst: Oppositionelle | |
Kandidaten eroberten bei dem Urnengang am Samstag mit 24 von 50 Mandaten | |
fast die Hälfte der Sitze, wie die Wahlbehörde am Sonntag mitteilte. Nur | |
eine Frau schaffte den Sprung ins Parlament. Dort sind nun diejenigen | |
Abgeordneten in der Mehrheit, die trotz der massiv gesunkenen Öleinnahmen | |
Sparmaßnahmen ablehnen. | |
Wegen anhaltender Auseinandersetzungen über eine Wahlrechtsänderung durch | |
Kuwaits Regierung hatte die Opposition in dem Golfstaat die Wahlen in den | |
vergangenen vier Jahren boykottiert. Nun ziehen 24 Kandidaten aus dem | |
Oppositionslager in das neue Parlament ein. Etwa die Hälfte von ihnen | |
entstammt islamistischen Bewegungen, die übrigen neu gewählten | |
Oppositionsabgeordneten sind Nationalisten und Liberale. | |
Von den 14 Frauen, die sich zur Wahl gestellt hatten, schaffte es lediglich | |
eine ins Parlament. Die schiitische Minderheit büßte drei Sitze ein und | |
stellt künftig nur noch sechs Abgeordnete. Die Wahlbeteiligung lag nach | |
Angaben der kuwaitischen Wahlbehörde bei etwa 70 Prozent. | |
Mehr als die Hälfte der Kandidaten mit einem Sitz im bisherigen Parlament | |
wurden nicht wiedergewählt, unter ihnen zwei Minister. Als „Überraschung“ | |
bezeichnete die Zeitung Al-Kabas den Wahlausgang im Aufmachertitel auf | |
ihrer Website. Der Urnengang habe eine „62-prozentige Veränderung“ im | |
Parlament zur Folge. | |
## Vorzeitig aufgelöst | |
Der seit 2006 amtierende 87-jährige Emir Scheich Sabah al-Ahmed al-Sabah | |
hatte das Parlament im Oktober vorzeitig aufgelöst. Vorausgegangen waren | |
Spannungen zwischen der Regierung und den Abgeordneten. Mehrere von ihnen | |
wollten Minister wegen erheblicher Benzinpreiserhöhungen und Amtsverstößen | |
ins Kreuzverhör nehmen. | |
Schon vor der Parlamentswahl stand fest, dass der Emir wie üblich den | |
amtierenden Ministerpräsidenten oder ein anderes Mitglied der seit 250 | |
Jahren herrschenden Familie al-Sabah mit der Regierungsbildung beauftragen | |
wird. Das Regierungslager behält seine Mehrheit im Parlament auch wegen der | |
in Kuwait geltenden Regelung, dass auch nicht gewählte Kabinettsmitglieder | |
einen Sitz in der Volksvertretung erhalten. | |
Der Politikexperte Mohammed al-Adschmi sagte nach dem Wahlerfolg der | |
Opposition weitere Spannungen voraus. Er rechne mit „Konfrontationen | |
zwischen den oppositionellen Abgeordneten und der nächsten Regierung“, | |
sagte er der Nachrichtenagentur AFP. | |
## Einbruch der Öleinnahmen | |
Umstritten sind insbesondere Sparmaßnahmen der Regierung. Kuwait leidet | |
unter seiner schwersten Haushaltskrise seit langem. Die Öleinnahmen, die 95 | |
Prozent der Staatseinnahmen ausmachen, brachen in den vergangenen zwei | |
Jahren um 60 Prozent ein. | |
Nach 16 Jahren mit Haushaltsüberschuss musste Kuwait vergangenes Jahr 15 | |
Milliarden Dollar (14,2 Milliarden Euro) an Schulden aufnehmen. Die | |
Mehrheit der künftigen Abgeordneten hat angekündigt, sich dennoch gegen | |
Sparmaßnahmen der Regierung zu stellen. | |
Das mehrheitlich sunnitische Kuwait ist der einzige Golfstaat, der über | |
eine frei gewählte Nationalversammlung verfügt. Parteien sind allerdings | |
offiziell verboten. Die schiitische Minderheit macht etwa 30 Prozent der | |
einheimischen Bevölkerung aus. Von den 4,4 Millionen Einwohnern des Landes | |
sind 70 Prozent Ausländer, die nicht wahlberechtigt sind. | |
27 Nov 2016 | |
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