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# taz.de -- Wahlen in Kuwait: Ein Golfstaat im Rückwärtsgang
> In dem einst vergleichsweise liberalen Land wandern immer mehr Kritiker
> ins Gefängnis. Die Opposition boykottiert die Parlamentswahlen.
Bild: Offizielle Wahlkampferöffnung in Kuwait.
ISTANBUL taz | Die Entscheidung kam gerade noch rechtzeitig. Ein Gericht in
Kuwait hat in dieser Woche drei ehemalige Abgeordnete vom Vorwurf der
Majestätsbeleidigung freigesprochen. Den Wahlkampf konnte der Richterspruch
trotzdem nicht befeuern.
Die Kuwaiter wählen am Samstag ein neues Parlament. Wahlen während des
Ramadan sind etwa so, als würde in Deutschland in den Weihnachtsferien
gewählt. Der Hauptgrund für die laue Stimmung ist jedoch der Aufruf eines
Großteils der Opposition, zu der auch die drei freigesprochenen Politiker
gehören, die Wahl zu boykottieren.
Die Opposition protestiert damit wie schon beim letzten Wahlgang im
Dezember gegen das neue Wahlrecht. Danach haben die Kuwaiter nur noch eine
statt wie früher vier Stimmen. Das Verfassungsgericht hat die Entscheidung
von Emir Scheich Sabah al-Ahmad al-Sabah im Juni bestätigt und gleichzeitig
Neuwahlen angeordnet.
Aus Sicht der Oppositionellen werden durch das neue Wahlrecht jedoch
Kandidaten begünstigt, die dem Herrscherhaus gegenüber loyal sind. Auf
jeden Fall nimmt es der Opposition die Möglichkeit, Wahlabsprachen zu
treffen. Diese haben es ihr früher ermöglicht, das Parteienverbot zu
umgehen und im Parlament oppositionelle Blöcke zu bilden. Der prominente
ehemalige Abgeordnete Musallem al-Barrak, der mehrere Korruptionsfälle
aufdeckte, schaffte auf diese Weise mehrfach ein historisches
Rekordergebnis.
Im Gegensatz zu Abgeordneten in den anderen Golfstaaten – sofern es dort
Parlamente gibt – haben Kuwaits Abgeordnete ein politisches
Mitspracherecht. Sie müssen der Ernennung eines neuen Emirs zustimmen und
können Gesetze verabschieden. Der Ministerpräsident wird jedoch vom Emir
ernannt und die Schlüsselressort befinden sich fest in der Hand der
Herrscherfamilie.
## Die dritte Wahl in 15 Monaten
Das einzige Instrument des Parlaments, die Regierung zur Rechenschaft zu
ziehen, sind Ministerbefragungen. Davon haben die Abgeordneten in den
letzten Jahren ausführlich Gebrauch gemacht und damit seit 2006 rund ein
Dutzend Regierungen zum Rücktritt gezwungen. Die Folge davon sind
politischer Stillstand und ständige Neuwahlen – die Wahl am Samstag ist
bereits die dritte innerhalb von 15 Monaten.
Die Verfassung müsse ergänzt werden, sagte der ehemalige
Parlamentspräsident Ahmad al-Saadun bei einem Treffen der Opposition diese
Woche. „Zudem muss die Regierung vom Parlament gewählt werden.“ Zu einer
solch weitreichenden Reform ist der Emir jedoch nicht bereit. Eher scheint
er den Rückwärtsgang einzulegen.
## Wegen Majestätsbeleidigung per Twitter im Knast
In den letzten Monaten wurden neben Oppositionspolitikern auch Dutzende von
Aktivisten und Journalisten wegen kritischer Äußerungen auf Twitter vor
Gericht gezerrt. Immer wieder wird ihnen Majestätsbeleidigung zur Last
gelegt.
Vergangenen Montag verurteilte ein Gericht den Rechtsprofessor Rashid
al-Hajri zu einer 12-monatigen Haftstrafe, gleichzeitig bestätigte es die
20-monatige Gefängnisstrafe der Lehrerin Sara al-Daris. Eine andere
Lehrerin wurde im Juni sogar zu elf Jahren Haft verurteilt. Noch steht das
endgültige Urteil aus, so lange sind die Beklagten auf freiem Fuß. Die
Kuwaiter waren einst stolz auf ihre relativ große Meinungsfreiheit. Doch
derzeit nähert sich der Golfstaat immer mehr den repressiven Nachbarländern
an.
27 Jul 2013
## AUTOREN
Inga Rogg
## TAGS
Kuwait
Golfstaaten
Wahl
Kuwait
Opposition
Bahrain
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