# taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Sozialstudien und Schauergeschi… | |
> Kultur-Tipp der Woche: Daniel M Thurau malt dämmrige Landschaften und | |
> surreale Szenerien. Die taz sprach mit dem Künstler. | |
Bild: Daniel M Thurau, „Pfuscher, Stümper, Amateur. Eine Erfolgsgeschichte d… | |
Einen Blick ins Allerheiligste, ins Künstleratelier, gewährt Daniel M | |
Thurau, jedoch ganz ohne Boheme-Romantik. Als Bretterbude hat Thurau seine | |
Werkstätte bei [1][Katharina Maria Raab] nachgebaut, ein Provisorium aus | |
Teilen aus dem Baumarkt. Drinnen hat der Künstler seine Bilder | |
pinnwandartig an die Wand geheftet, dazwischen Zeitungsausschnitte, | |
Postkarten, Fotografien. | |
Die wilde Petersburger Hängung verrät sowohl Thuraus Blick auf die Dinge | |
als auch die Entstehung seiner Motive. Der Biertrinker von dem Schnipsel | |
aus dem Boulevardblatt – man erkennt ihn nicht nur am Basecap auf Thuraus | |
Papierarbeiten wieder, auch an seiner Haltung. Wie er herumsteht, mit der | |
Flasche an den Lippen, oder rauchend und teilnahmslos mit Kind und Hund vor | |
der Losbude. | |
Wie Sozialstudien wirken viele der Arbeiten. Dazu passt der Otto Dix – ein | |
abgeschnittenes Kalenderblatt – als Referenz perfekt, nur ist die Stimmung | |
auf Thuraus Bildern eine andere als die der Neuen Sachlichkeit. | |
Seine traumverhangenen Dämmerlandschaften in kräftigen Farben, Violett, | |
Petrol, Blau, in denen einsame Häuser aufragen oder Vulkane ausbrechen, | |
könnten ebenso wie seine Jahrmarktszenen auch Schauplätze von | |
Schauermärchen sein. Laut Titel entstammen sie der „Erfolgsgeschichte des | |
Versagens“ eines „Pfuschers, Stümpers, Amateurs“ – glatt gelogen ist d… | |
Einblick (650): Daniel M Thurau, Künstler | |
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? | |
Und warum? | |
Daniel M Thurau: Ich verpasse immer alles, weil ich keine Lust habe, mich | |
anzustellen. Ersatzweise gehe ich dann in die Gemäldegalerie und sehe mir | |
die Arbeiten der holländischen Malermönche an. Irritiert und beschämt von | |
dieser Einfalt und Demut stolpere ich dann in mein Atelier zurück. | |
Zeitgenössisch: Gut weil uneitel war „The Joy of Overpainting“ in der Keith | |
Bar. | |
Welches Konzert oder welchen Klub kannst du empfehlen? | |
Zuletzt war ich bei Tricky im Gretchen, er war wider Erwarten gut drauf und | |
man konnte sich vor der Bühne etwas rumschubsen. Wenig später hätte ich ihn | |
am Schlossneubau beinahe mit dem Fahrrad umgefahren. Aus dem | |
ambitionierteren Nachtleben bin ich raus, aber früher war ich gern im | |
Golden Gate, damals ein verkommenes Loch, dessen Betreiber ich kannte und | |
in dem die meisten Gäste am Freitagabend kamen und Sonntagnachmittag nach | |
Hause gingen. | |
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich durch | |
den Alltag? | |
Als Arbeitsliteratur lese ich gerade „Die Kraft der Kunst“ von Christoph | |
Menke. Eine Abhandlung über die konstituierenden Ansteckungskräfte von | |
Kunstwerken, die hervorzurufen dem Künstler immer nur als Nebenprodukt | |
gelingt. Parallel dazu Tolstois „Krieg und Frieden“: Eine zeitlose Analyse | |
menschlichen Verhaltens in Krisenzeiten, eine beängstigend überzeugende | |
Idee von Weltpolitik als schicksalhaftem Geschehen und ein anrührender | |
Blick in die russische Seele. | |
Was ist dein nächstes Projekt? | |
Gemeinsam mit zwei israelischen Künstlern, Olaf Kühnemann und Dan Allon, | |
und meinem Freund Hugo Mayer suche ich derzeit geeignete Räume für eine | |
Ausstellung unter dem Titel „Abyss“ (Abgrund). Im kommenden Jahr wird beim | |
SALZ-Verlag, betrieben von Silvio Zesch, ein Künstlerbuch mit Lithografien | |
zu Künstlergedichten von mir erscheinen. | |
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten | |
Freude? | |
Wenn sie gut drauf sind: meine drei Kinder. | |
Text und Interview erscheinen im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und | |
Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz | |
1 Dec 2016 | |
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## AUTOREN | |
Beate Scheder | |
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