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# taz.de -- Die Wahrheit: Popel, Poren, Pollen
> Rhinologie heute: Die Nase an sich, für sich und auch überhaupt –
> inklusive ihrer Hauptbetätigungen Laufen, Jucken, Niesen.
Bild: Was einem so alles aus der Nase gezogen werden kann
Die Nase ist nicht zum Atmen da. Wo sollten denn dann die Schnupfenbazillen
hin? Auch die Pollen von Birken, Gräsern, Kräutern und Blumen wüssten ohne
die Nase nicht, wozu sie auf der Welt wären. Gäbe es die Nase nicht, wäre
sie nie verstopft, und niemand nähme Notiz von ihr.
Es gäbe keine Popel, die man aus dem Rüssel pulen und unauffällig an der
Hose oder an einem Möbelstück in einer fremden Wohnung abstreifen könnte,
und schwer fiele es dem Menschen ohne Nase, kraftvoll zu niesen und seine
Krankheitserreger auf die Mitmenschen zu verteilen.
Denkbar schlechte Karten hätten ohne den Zinken auch die Haare, die aus den
Nasenlöchern wuchern und die Liebste erschauern lassen, ja selbst Fremde
das Grauen lehren.
Zu schweigen, nein, zu schreien davon, dass die Borsten von Jahr zu Jahr
mehr, stärker und frecher werden, dreist zu kribbeln und brutal zu kitzeln
beginnen und noch jeden zivilisierten Weltbürger zwingen, sich in die Hand
zu schneuzen, die er anschließend seinem Geschäftsfreund gibt. Und das ist
nicht einmal das Schlimmste – sondern wenn es unser Geschäftsfreund wäre,
der uns seine vollgeschnodderte Hand gibt!
## Stinknase als Bereicherung
Auch Erscheinungen wie die Stinknase würden ohne den mitten im Antlitz
aufgepflanzten Giebel nur selten des Menschen Dasein bereichern. Und erst
das Sekret, der Schleim, der Rotz, der Auswurf, die aus der Nase fließen,
strömen und sprudeln, das Hemd besudeln, auf das Essen tropfen oder sich
während der wertvollen Berufsarbeit aufs Papier ergießen und für die
Menschheit unersetzliche Dokumente grausam verschmieren, aufweichen und
vernichten!
Nicht genug damit, was dieser furchterregende Höcker mit seinem
unschuldigen Eigentümer, dessen Verwandten, Nachbarn und Freunden sowie mit
wahllos allen Fremden anstellt, die er belästigt, ärgert, verseucht und
ruiniert – das Übel sitzt tiefer. Ist es doch schon die bloße Form dieses
Gesichtsbalkons, die den Menschen dem Gelächter preisgibt, sein Leben mit
Hohn und Getuschel pflastert und ihn in den Freitod treibt. Da ist erstens
die sogenannte Krone der Schöpfung: „Wie die Nase eines Mannes, also ist
auch sein Johannes“ – also ein rübenhaftes, tropfenförmiges und bei manch…
Exemplaren des Homo sapiens sogar plattgedrücktes, ja wie
zusammengetretenes hässliches Etwas mit großen Poren auf den Flügeln!
## Liebesdienste für Gesichtskloben
Zweitens ist da die bessere Hälfte der Menschheit: die Frau, die ihren
Gesichtskloben nur für viel Geld und noch mehr Liebesdienste beim
Schönheitschirurgen in eine halbwegs passable und doch bitter ungenügende
Form umnüstern lassen kann.
Die Nase lugt aus dem Menschen heraus, als wäre sie auf dem Sprung, aber
tatsächlich wagt sie es selten, uns zu verlassen: Sie läuft zwar gern, aber
niemals fort. Es hätte auch keinen Sinn, denn ohne Nase röchen wir so wenig
wie mit ihr. Die Nase erfüllt keinen Zweck, und ihre groteske Form macht
ihren Besitzer lächerlich. Es hat also nur Nachteile, dass die Nase da ist,
und deshalb ist sie da.
29 Nov 2016
## AUTOREN
Peter Köhler
## TAGS
Erkältung
Sprache
Mittelschicht
Schach-WM
Wahrheit Greatest Hits
Polen
Sprache
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