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# taz.de -- Abzocke in Leipzig: Leere Versprechen, volle Bezahlung
> Die Panda GmbH lockt chinesische Studierende an die Uni Leipzig. Im
> vermeintlichen akademischen Paradies winken aber häufig nur hohe Kosten.
Bild: Bei einer 10.000-Euro-Rechnung fällt Konzentration schwer
LEIPZIG taz | Als der chinesische Student Ye Wang* im Jahr 2013 am Airport
Leipzig/Halle aus dem Flugzeug stieg, war er gespannt auf das Land, das er
für Schriftsteller wie Nietzsche und Brecht so liebt. Seinen Bachelor hatte
er bereits, nun wollte er in Deutschland einen Master draufsetzen. Etwa
drei Monate zuvor hatte sich Ye Wang an eine chinesische
Vermittlungsagentur gewandt.
In Deutschland kooperiert diese Agentur mit der Panda GmbH, einem Leipziger
Unternehmen. Dieses wiederum bietet in Zusammenarbeit mit der Uni Leipzig
ein Programm an, das chinesische Studierende auf das Studium in Deutschland
vorbereiten soll. In Leipzig besuchte Ye Wang zunächst ein Jahr lang
Deutschkurse beim Verein interDaF am Herder-Institut der Uni Leipzig. In
der Freizeit traf er sich mit Landsleuten.
Was er von ihnen erfuhr, machte ihn stutzig: Die Aufnahmetests für die
Masterstudiengänge in Leipzig seien schwer. Den Studienplatz bekam Ye Wang
zwar, doch das ist nicht unbedingt die Regel: Wer bei Panda-Teilnehmern
nachfragt, hört oft, dass sie für ein Masterstudium gekommen seien, dann
aber in einem Bachelorstudiengang gelandet sind. „Ich kenne Chinesen, die
wieder nach Hause geflogen sind, weil sie keinen Masterstudienplatz
erhalten haben“, erzählt der 27-Jährige.
Auch Jing Wen* kennt das Problem. Die chinesische Agentur habe ihr
versprochen, sie müsse nur den Test der Akademischen Prüfstelle der
Deutschen Botschaft in Peking und die Sprachprüfung bestehen, dann könne
sie mit dem Masterstudium beginnen. Auch ihren Eltern hatte ein Mitarbeiter
der Agentur versprochen, ihre Tochter werde schnell Deutsch lernen und dann
im Master Wirtschaft studieren. Doch Jing Wen landete in einem
Bachelorstudiengang.
„Alle Teilnehmer werden durch verschiedene Kanäle über die
Aufnahmebedingungen des Masterstudiums informiert“, sagt Qixiong Liu,
Panda-Geschäftsführer. „Über die Öffentlichkeitsarbeit der Agenturen in
China sind wir informiert, wir erstellen auch gemeinsam das Werbematerial“,
erklärt Ann-Christine Niepelt, Koordinatorin des Sonderprogramms Panda beim
Akademischen Auslandsamt. „Was die Agenturen den Studierenden in
persönlichen Gesprächen versprechen, können wir aber natürlich nicht
überprüfen“, ergänzt Amtsleiter Svend Poller.
## Ein übles Erwachen
Die Enttäuschung über geplatzte Studienträume ist das eine – eine andere
Sache ist das Geld. Insgesamt hat Ye Wang 10.000 Euro für das Programm
bezahlt – ohne Flugkosten, Wohnheimmiete und Semesterbeiträge. Bei anderen
Panda-Teilnehmern ist es ähnlich. Dass das Studium in Deutschland nicht
günstig würde, wussten alle. Doch bei einem Teil des Geldes ist unklar,
wofür sie es bezahlen mussten – und an wen.
Da ist zunächst eine Verwaltungsgebühr, die sich die Unis in Leipzig,
Freiberg, Halle und Weimar teilen. 1.400 Euro beträgt sie. „Das ist
ziemlich viel Geld“, sagt Thomas Böhm, Referatsleiter Ausländerstudium in
der Hochschulrektorenkonferenz. Dann fügt er hinzu: „Wenn die Uni
Zusatzleistungen wie Sprachkurse oder Unterbringung im Wohnheim anbietet,
kann das durchaus etwas mehr kosten.“
Im Fall der Panda-Teilnehmer kosten Sprachkurse und Wohnheimplatz jedoch
extra. Das Akademische Auslandsamt verwendet die Gebühr nach eigenen
Angaben für Leistungen wie Programmkoordination, Öffentlichkeitsarbeit,
Administration und Betreuung der Teilnehmer.
Neben der Verwaltungsgebühr müssen die Panda-Teilnehmer weitere 2.200 Euro
bezahlen. Auf den Quittungen taucht das Geld als „Auslandsgebühr“ auf. Sie
geht weder an die Uni noch an Panda. Ein Teil der Studierenden hat die
Gebühr an die chinesischen Vermittlungsagenturen überwiesen. Bei Ye Wang
und einer anderen Panda-Teilnehmerin hingegen ging das Geld auf ein
privates Konto in China, das einem gewissen Guoqing Wu gehört.
## Die öminösen Geschäfte des Guoqing Wu
Sein Name taucht auf einer Teilnehmerliste der China Education Expo 2011
auf – einer Bildungsmesse. Dort hat er mit Qixiong Liu, einem der
Geschäftsführer der Panda GmbH, die Uni Leipzig vertreten. Laut
Akademischem Auslandsamt handelt es sich bei Guoqing Wu um einen
Mitarbeiter der Panda GmbH. Auf Nachfrage bei Qixiong Liu von der Panda
GmbH heißt es: „Herr Guoqing Wu ist Vertreter einer chinesischen Agentur,
die das Panda-Programm betreut.“
Ebenfalls unklar ist, wofür die „Auslandsgebühr“ eigentlich fällig war.
Über die Leistungen, die die chinesischen Agenturen für die
Panda-Teilnehmer in China erbringen, gibt es einen Vertrag. Einen Vertrag,
in dem die Leistungen in Deutschland festgehalten sind, habe es aber nicht
gegeben, sagt Ye Wang. Auch mit der Leipziger Panda GmbH haben die
Studierenden keinen Vertrag, in dem die Leistungen in Deutschland
aufgelistet sind.
Wer mit Teilnehmern spricht, hört immer dasselbe: Panda habe sie vom
Flughafen abgeholt, ein Zimmer im Wohnheim reserviert und anfangs bei
kleineren organisatorischen Dingen geholfen. Haben Ye Wang und seine
Kommilitonen dafür 2.200 Euro bezahlt?
Auf wiederholtes Nachhaken gibt Panda die gleichen Leistungen an, wie zuvor
die Studenten: Beratung, Reservierung von Wohnheimplätzen, eine Fahrt vom
Flughafen oder Bahnhof. Panda-Geschäftsführer Qixiong Liu zählt noch
weitere kleinere Leistungen auf, bestreitet aber, dass es die
Auslandsgebühr überhaupt gibt: „Es gibt nur eine Agenturgebühr, die je nach
Region sowie Beratungs- und Serviceangebot variiert.“ Und weiter: „Über die
Vertragsinhalte zwischen chinesischen Agenturen und den Studienbewerbern
haben wir keine Kenntnisse.“
## Pecunia non olet
Ye Wang und seine chinesischen Kommilitonen haben neben der Agenturgebühr
für Leistungen in China aber sehr wohl eine Auslandsgebühr bezahlt – und
verfügen über Quittungen, die dies belegen.
Im Auslandsamt der Uni wird an der Kooperation mit der Panda GmbH
festgehalten. Koordinatorin Niepelt und Amtsleiter Poller verweisen auf die
besondere Lage chinesischer Studenten: Das Programm biete vor allem die
sprachliche Vorbereitung, für die bezahlt werden müsse. „Was ist die
Alternative? Wir können die Kooperation einstellen. Dann hätten wir weniger
wohlvorbereitete chinesische Studierende. Wollen wir das?“, sagt Poller.
Als Niepelt und Poller hören, dass es keinen Vertrag zwischen der GmbH und
den Teilnehmern gibt, sind sie überrascht. „Natürlich haben wir ein
Interesse daran, dass unser Kooperationspartner seriöse Angebote
unterbreitet“, sagt Poller und Niepelt ergänzt: „Wir werden beim
anstehenden Messebesuch in China gezielt mit den Agenturen in den einzelnen
Städten über die Vertragsangelegenheiten sprechen und uns über die
Agenturleistungen austauschen.“ Im Anschluss wolle man sich mit der Panda
GmbH zusammensetzen.
Vor einigen Jahren hat Poller auf einer Veranstaltung des Centrums für
Hochschulentwicklung einen Vortrag über das Panda-Programm gehalten. Der
Untertitel lautete: „Entgeltpflichtige Betreuungsangebote. Eine Fallstudie
zur Studienvorbereitung chinesischer Bewerber an der Universität Leipzig“.
Und der Titel: „Non olet“. Wohl eine Anspielung auf den Spruch „Pecunia n…
olet“ – „Geld stinkt nicht“. Oder stinkt es nun doch?
* Namen geändert
22 Nov 2016
## AUTOREN
Lisa Kutteruf
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