Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Seismik und Sexismus
> Neues aus Neuseeland: In Aotearoa hat mal wieder die Erde gebebt.
> Schlimmer noch sind die Erschütterungen bei manchen Männern untenrum.
Neuseeland hat wieder ein Erdbeben hinter sich. Ich bin diesmal gerührt und
nicht geschüttelt. Denn es hat nicht Christchurch erwischt, sondern nur
einen kleinen Küstenort, der von Walen und Touristen lebt. Gerührt bin ich
auch, weil trotz der Katastrophe die Trump-Flüchtlinge aus Amerika unsere
„shaky isles“ als Zufluchtsort wählen. Es ist leider Zeit, sie zu warnen.
Aber nicht vor Seismischem, sondern vor Sexisten.
Kaum war Donald Trump im Cowboy-Sattel, da hatte die „Immigration New
Zealand“-Webseite innerhalb von 24 Stunden 56.300 Besucher aus Amerika –
normal sind 2.300 pro Tag. Einer davon muss Richard Dawkins gewesen sein.
Der Evolutionsbiologe klagte kurz darauf im Scientific American, dass es
mit der Wissenschaft der beiden größten englischsprachigen Nationen dank
Brexit und US-Wahl bergab ginge.
Eine neue geistige Heimat für die intellektuellen Opfer müsse her. „Dear
New Zealand,“ schrieb der Autor von „Der Gotteswahn“, „du bist ein zuti…
zivilisiertes kleines Land, mit wenig Einwohnern auf zwei schönen,
weiträumigen Inseln. Du sorgst dich um den Klimawandel, die Zukunft der
Erde und andere wichtige wissenschaftliche Themen.“
Es ist selten, dass „zutiefst zivilisiert“ und „Neuseeland“ im gleichen
Satz vorkommen. Aber wer will schon den Liebesbriefschreiber bremsen, der
sich unsere bescheidene Agrarnation als „Athen der modernen Welt“ wünscht?
Die Vorstellung, dass wir die Hoffnung für hochkarätige Trump-Hasser sind,
schmeichelt. Die Frage stellt sich nur, ob es etablierte Forscher und
Denker sind, denen das flüchtlingsresistente Neuseeland Asyl bieten sollte.
Kommen vor all den alten weißen Männern, die sich mit ihren Preisen und
Uni-Gehältern überall auf der Welt niederlassen können, nicht erst mal
Syrer dran?
„Die einzige Verfolgung, der Dawkins ausgesetzt ist, ist das Augenrollen
von Frauen über seine sexistischen Witze – und Moslems, die er angegriffen
hat“, lautet die Antwort von Andrew Paul Wood, einem der wenigen
Intellektuellen im Land der Schafe. „Außerdem sind unsere unterfinanzierten
Institute nicht besonders attraktiv.“ Was Richard Dawkins ebenfalls nicht
ahnt: Neuseeland hat auf seinen schönen Inseln prominente Arschgesichter
von trumpschem Format. Die warfen in den letzten Wochen so ungeniert mit
„locker room“-Sprüchen um sich, dass frau sich auch gern sicheres Neuland
gesucht hätte.
Zuerst TV-Ikone Paul Henry, der Ulrich Wickert der Nation. Der ließ sich im
Zuge eines Interviews mehrfach über die „titties“ einer Frau aus, die voll
bekleidet am Nebentisch saß. Dann Max Key, der Sohn des Premierministers.
In einem Video, das er ins Netz stellte, ruft er einem Radfahrer hinterher:
„Echte Männer reiten Frauen!“ Und zu guter Letzt Bischof Brian Tamaki von
der „Destiny Church“. Der schiebt das jüngste Erdbeben als Rache Gottes auf
„Schwule, Mörder und andere Sünder“. Da fehlt Leonard Cohen umso mehr. Der
hatte schon längst Asyl bei uns – und gab in Auckland sein letztes Konzert.
17 Nov 2016
## AUTOREN
Anke Richter
## TAGS
Neuseeland
Erdbeben
Sexismus
Neuseeland
Neuseeland
Neuseeland
Neuseeland
Neuseeland
Neuseeland
Neuseeland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Schinkenschlacht am Boxing Day
Neues aus Neuseeland: Die Feiertage sind down under alles andere als
besinnlich. Und zu Silvester gibt es dann nicht mal Böller und Raketen.
Die Wahrheit: Weihnachten ohne Indianer
Neues aus Neuseeland: In Aotearoa werden zur Adventszeit bunte Umzüge
abgehalten. Die Kostüme der Feiernden sind umstritten.
Porträt Paula Bennett: Die energische Stellvertreterin
Neuseelands Vizepremierministerin bekam einst selbst Sozialhilfe. Als
Politikerin schaffte sie ein Programm ab, von dem auch sie profitierte.
Die Wahrheit: Live aus Entenhausen
Neues aus Neuseeland: Weil Auslandskorrespondenten einen Ruf zu wahren
haben, ist der Pool ein guter Ort für Live-Schalten in die winterliche
Heimat.
Die Wahrheit: Puste auf den Pie!
Neues aus Neuseeland: Über den Wolken fällt der müde Blick schon einmal auf
die Uniform der Flugbegleiter mit ihren seltsamen Comicblasen.
Die Wahrheit: Rugby-Sex auf der Behindertentoilette
Neues aus Neuseeland: Ganz Aotearoa ist fasziniert von einem saftigen
Skandal um einen Sportler und seinen geheimnisvollen „female friend“.
Die Wahrheit: Baden mit dem Häuptling
Neues aus Neuseeland: Am nördlichen Zipfel von Aoeterea wird dieses Mal
mitsamt dem dortigen Oberhaupt abgetaucht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.