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# taz.de -- Rassistische Schmähungen gegen Priester: Absender erhält Bewähru…
> Zehn Monate Haft auf Bewährung lautet das Urteil gegen Gottfried T. Der
> hatte dem Zornedinger Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende Hass-Post
> geschickt.
Bild: Hält sich bedeckt und trotz Urteil für unschuldig: Gottfried T
EBERSBERG taz | Es ist ein alter, schäbig wirkender Mann, der von
Polizisten in den kleinen Saal im Amtsgericht Ebersberg vorgeführt wird. Er
hat einen grauen Bart, trägt eine abgewetzte braune Jacke und eine schwarze
Jogginghose.
Der 74-jährige Gottfried T. sorgte vor acht Monaten mit dafür, dass das
oberbayerische Städtchen Zorneding in die bundesweiten Schlagzeilen geriet.
T. hatte dem heute 67 Jahre alten schwarzen Pfarrer Olivier
Ndjimbi-Tshiende anonym zwei Postkarten mit rassistischen Beleidigungen und
Morddrohungen geschickt. Die Hetzschriften setzten dem im Kongo geborenen
Geistlichen so zu, dass er sein Amt aufgab und Zorneding verließ. Das
Amtsgericht Ebersberg hat T. nun wegen Volksverhetzung, Bedrohung und
Beleidigung zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
Olivier Ndjimbi-Tshiende ist Zeuge in dem Verfahren. Derzeit forscht er an
der katholischen Universität Eichstätt, Flucht und Migration sind seine
Themen. In der kleinen Warteecke umringen ihn Gemeindemitglieder, die aus
Zorneding gekommen sind. „Er hat mein Enkelkind getauft, das werde ich nie
vergessen“, sagt ein Mann mit weißen Haaren.
Im Gerichtssaal nimmt Ndjimbi-Tshiende keine drei Meter vom Angeklagten
Platz. Nach außen hin ruhig, erzählt er, wie ihn die Schreiben
„erschrocken“ hatten. In denen stand etwa: „Wir schicken Dich nach
Auschwitz.“ Oder: „Hau ab, Du stinkender Nigger.“ Der Pfarrer über seinen
damaligen Zustand: „Ich hatte Angst, vor und während der Gottesdienste.“ Er
fürchtete sich, allein mit dem Auto zu den Kirchen in abgelegenen Dörfern
zu fahren. „Ich habe Freunde gebeten, mich zu begleiten.“ Gottfried T.
schaut in die Luft.
Der Angeklagte stammt aus dem heute polnischen Schlesien, 1976 kam er nach
München, arbeitete als Gärtner und in einer Fabrik. Er verweigert die
Aussage, sagt dann aber doch Dinge wie: „Diese Kacke habe ich nicht
geschrieben.“ Recht ausführlich äußert er sich über seine zahlreichen
körperlichen Gebrechen. T. ist schon mehrfach zu Geldstrafen verurteilt
worden – er hatte die Türen von ausländischen Familien mit Hakenkreuzen
beschmiert und besaß illegal Waffen.
## CSU-Bezirkschefin Aigner musste persönlich eingreifen
Die Postkarten an den Pfarrer hatten in Zorneding eine Vorgeschichte: Als
eine örtliche CSU-Politikerin im Oktober 2015 gegen Flüchtlinge hetzte,
mischte sich Pfarrer Ndjimbi-Tshiende ein. Er rief zu Toleranz auf und
kritisierte die CSU. Zorneding galt danach als Hort von CSU-Rassisten.
Mittlerweile haben die einschlägigen Funktionsträger ihre Posten
aufgegeben, dafür musste aber die Bezirkschefin Ilse Aigner persönlich
eingreifen.
Die Pfarrer-Schelte spornte Gottfried T. offenbar an, der in einer kleinen
Wohnung in München lebt. Auf dem Durchdruck eines Stückes Pappe, in dem
eine Postkarte eingewickelt war, stießen die Ermittler auf zwei
Telefonnummern, die T. zugeordnet wurden. Zugleich waren auf der Karte zwei
Fingerabdrücke von ihm. Der Angeklagte bezeichnet die Beweismittel nur als
„Dreck“.
Auch Haucke D’Aiello, die Pflichtverteidigerin von Gottfried T., hält den
Angeklagten nicht für unschuldig, sie plädiert für eine Geldstrafe. Als der
Pfarrer aus dem Saal geht, steht sie auf, gibt ihm die Hand und sagt: „Ich
möchte Ihnen als bayerische Bürgerin sagen, dass es mir sehr leid tut.“
Der Fall Zorneding ist damit nicht vollständig gelöst. Der Pfarrer hatte
insgesamt fünf anonyme Hass- und Hetzschriften erhalten. Zwei waren von T.
Die anderen drei stammen von mindestens zwei weiteren Verfassern.
8 Nov 2016
## AUTOREN
Patrick Guyton
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Bayern
CSU
Katholische Kirche
Katholische Priester
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Schwerpunkt Rassismus
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