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# taz.de -- CSU-Parteitag in München: Der große Vorsitzende hat das Wort
> Beim CSU-Parteitag in München wirbt Parteichef Seehofer um AfD-Anhänger.
> Er will sich für bundesweite Volksentscheide einsetzen.
Bild: Im Zentrum steht Seehofer. Es folgt sein rhetorischer Rechtsschwenk
München taz | Drei Fragen stellt Horst Seehofer zu Beginn des
CSU-Parteitages in München. „Wie ist die Lage? Wohin wollen wir? Wie lautet
der Auftrag für die nächsten Monate?“ Die Lage ist natürlich ernst. Die CSU
will weiter im Bund mitregieren. Und dafür braucht es klare Feindbilder.
Mit seiner Rede, die er mit ergriffenem Timbre beginnt, möchte der
CSU-Parteichef politische Nähe erzeugen zu jenen in Bayern, die 2017 im
Bund und 2018 im Land die AfD wählen könnten. Diese Leute will Seehofer
füttern. Die Flüchtlingsfrage, sagt er, habe 2017 „große Emotionen
ausgelöst, die Gesellschaft polarisiert und gespalten“.
Dass just einen Tag vor Beginn des Parteitags die EU-Kommission
Kompromissbereitschaft im Streit um die Pkw-Maut signalisiert hat, kommt
dem CSU-Chef und Ministerpräsidenten zu pass. Sein glückloser
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt kann pünktlich einen kleinen Sieg
nach München tragen. Sein Parteichef lobte Dobrindt über die Maßen: Ein
CSU-Politiker als Verkehrsminister in Berlin habe sich bewährt.
Möglicherweise ein Fingerzeig, wo Horst Seehofer den 46-Jährigen nach der
Bundestagswahl sieht. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldts Posten
wird 2017 frei.
Der Landesvorstand hat den neunhundert Delegierten mehrere Leitanträge
vorgelegt, über die noch bis in den Freitagabend beraten wird. Am Samstag,
dem zweiten Sitzungstag, sollen die Delegierten über das neue
Grundsatzprogramm mit dem vielsagenden Namen „Die Ordnung“ abstimmen. Die
Rede dazu hält erneut der große Vorsitzende – mit dem Unterschied, dass
sein Beitrag in der Tagesordnung als „Bericht“ annonciert ist.
## Keine Kanzlerin
Horst Seehofer möchte der Partei ein auch für potenzielle AfD-WählerInnen
zustimmungsfähiges Profil verpasst. Unter anderem will sich die CSU für
bundesweite Volksentscheide einsetzen. In einer Mitgliederbefragung hatten
68,8 Prozent dafür gestimmt. Die Führung der CDU hat sich in der
Vergangenheit stets dagegen ausgesprochen. Damit sei der Entscheid nun
„verbindlich“, die CSU werde die Forderung einbringen. Keine Frage, damit
macht Seehofer ein neues Streitthema mit der CDU auf.
Aber von der Schwesterpartei ist eh kaum jemand in der Münchner Messe. Die
Kanzlerin und CDU-Vorsitzende ist nicht nach München gekommen, es ist das
erste Mal in den 16 Jahren ihres Parteivorsitzes, dass sie nicht zu den
Delegierten spricht. Offiziell war verlautet worden, Angela Merkel und
Horst Seehofer hätten sich einvernehmlich auf diese Abwesenheitspolitik
geeinigt. Der CSU-Chef habe vermeiden wollen, dass sich der geballte Zorn
der Delegierten über Merkel entlädt. Unter der Hand aber ist von einem noch
nie dagewesenen Affront gegen Merkel zu hören.
In München sagt Seehofer, Merkel und er seien sich einig, dass man
inhaltlich weiterhin verhandle. Aber er wolle „ehrlich sein“: Er sehe einen
direkten Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Sicherheit. Eine Obergrenze
sei die Voraussetzung für Humanität und Integration. „Das ist alles andere
als unchristlich.“
Statt Merkel hält diesmal Volker Kauder die Stellung. Für den
CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden sicher kein vergnügungssteuerpflichtiger
Termin. Für ihn und die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt fand
Seehofer ein lasches Lob: Beide unterstützten in Berlin bayerische Anliegen
„fast ausnahmslos“. So geht maximal öffentliche Herablassung. Horst
Seehofer ist ein Meister darin.
## Die Sorgen der Menschen
Es folgt Seehofers rhetorischer Rechtsschwenk. Die Menschen wollten wissen,
wohin die Politik steuere. „Nur durch Veränderung“ könne Erreichtes
gesichert werden, darauf müsse die CSU eine Antwort geben. Sie laute:
„Orientierung und Ordnung“. Politik werde besser, „wenn sie das Ohr an der
Bevölkerung hat“. Die Sorgen der Menschen seien prinzipiell die Sorgen
seiner Partei, wendet er sich an die AfD-Wählerschaft. „Wir grenzen
niemanden aus, und wir stellen die kleinen Leute in den Mittelpunkt und
nicht ins Abseits.“ Es dürfe niemals der Eindruck entstehen, dass das Volk
die Politik beim Rechthaben störe, sagt Seehofer mit brüchiger Stimme. Der
Applaus in der Messehalle bleibt dünn.
Emotionaler wird es erst, als Horst Seehofer zur Flüchtlingspolitik kommt.
„Die Leute wollen wissen, nach welchen Regeln wird künftig die Zuwanderung
gestaltet.“ Beim Thema Obergrenze hätten sich CDU und CSU nicht einigen
können. Dann bleibe es eben dabei. „Aber ich werde in dieser Frage die
Seele der CSU nicht verkaufen.“ Damit das klar ist.
4 Nov 2016
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
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Schwerpunkt Angela Merkel
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Markus Söder
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