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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Der Sieg ist nun Standard
> Spiele gegen San Marino sind nichts für die Karrierehighlight-Liste? Tja.
> Die Langeweile ist der Preis des Erfolgs.
Bild: Auch für Joachim Löw gab es schon aufregendere Tage
Es gäbe schon ein paar Möglichkeiten, ein Länderspiel gegen San Marino
interessant zu machen. Auf jedes Tor trinken. Oder auf das Wort Underdog.
Auf jeden Satz, in dem der Kommentator die Brotberufe der Gegenspieler
nennt (Student, Fabrikarbeiter, Schuhverkäufer – und einen Juristen haben
sie auch). Zwischendurch was essen, um die zweite Hälfte zu erleben. Und da
packt schon Simoncini, der Jurist, für den Underdog die Grätsche aus.
Zugegeben, das 8:0 der Nationalelf gegen San Marino war ein bisschen wie
diese Hallenturnier-Testspiele, die vor zehn, fünfzehn Jahren in der
Winterpause übertragen wurden, um die Zeit zwischen Trainingslager und
Ran-Bundesliga-Classics zu überbrücken: Man schaltete rein, weil nichts
Besseres läuft. Und nach zehn Minuten wieder weg, weil es noch schlimmer
war als gedacht. Länderspiele sind so Ran-classic. Und jetzt auch mal
wieder Diskussionsstoff.
„Das hat mit professionellem Fußball nichts zu tun“, lästerte Thomas Mül…
nach der Partie über San Marino. Das Spiel werde „in der Highlightliste
meiner Karriere nicht vorkommen“. Und mit rund 3.000 Zuschauern wollte es
auch keiner sehen. Prompt kamen die erwartbaren Rufe, Teams wie San Marino
doch lieber vorher auszusieben. In einer Prä-Qualifikation könnten sie
sich, so der Vorschlag, untereinander rauskicken, damit Deutschland gegen
die Fabrikarbeiter gar nicht erst antreten muss. Das
Lieblings-Gegenargument der Fußballromantiker: Ganz furchtbar, denn dann
ginge der Kontakt mit der Basis vollends verloren. Die Jungs sehen nicht
mehr, wo sie herkommen, Ascheplatz mit schlechtem Flutlicht und so, oder im
Fall von San Marino, nun ja, dann doch gepflegter Rasen.
Beide Argumente aber haben mit dem Problem wenig zu tun. Thomas Müller hat
recht, wenn er kritisiert, dass „das Pensum massiv“ ist. Neben dem
Vereinsalltag der Spieler hat die Nationalelf in diesem Jahr bislang 15
Spiele absolviert – das ist nochmal fast eine halbe Bundesligasaison. Der
Spielkalender ist überfüllt; aber das hängt natürlich vor allem an den
immer weiter aufgeblähten WM- und EM-Turnieren. Und an den Vereinen, die
globalwettbewerbsgenötigt auf jeden freien Tag eine Asienreise, ein
Promospiel oder einen Marketingtermin packen.
## Kaum Überraschungen
Ein Spielerkörper lässt sich nicht endlos für EMs und Supercups ausbeuten.
Daran wird aber natürlich niemand sparen. Eine Prä-Qualifikation dagegen
würde faktisch kaum Termine einsparen, dafür aber die
Championsleagueisierung der nationalen Wettbewerbe vorantreiben: Kleine
Nationen hätten noch weniger Chancen, an großen Turnieren und der
Hauptqualifikation teilzunehmen, ergo noch weniger Gelegenheiten, sich mit
hochkarätigen Mannschaften zu messen und sich zu verbessern, ergo noch
weniger Möglichkeiten, irgendwann aufzuschließen. Der Pool der WM- und
EM-Teams lässt schon jetzt kaum Überraschungen zu – außer wenn das
Teilnehmerfeld künstlich erweitert wird. Was, wie die EM gezeigt hat, eine
unglaublich schlechte Idee ist. Und langfristig das Zuschauerinteresse
senkt.
Nein, San Marino ist nicht der Sündenbock für schlechte Zuschauerwerte. Das
Interesse an Länderspielen hält sich auch gegen Tschechien, Nordirland oder
Finnland ziemlich in Grenzen. Und eigentlich bei jedem Gegner, mal
abgesehen von Klassikern wie Italien. Die Tickets werden an Schulklassen
verjubelt oder teilweise gar nicht vergeben.
Und das hängt nicht nur mit dem Spielplan zusammen, sondern paradoxerweise
mit dem Erfolg des Nationalteams: Man weiß ja, dass sie gewinnen. Die
Post-2006-Hurra-wir-sind-wieder wer-Euphorie ist verflogen, der Sieg zum
Standard geworden. Der DFB hat gute Arbeit gemacht. Und das Interesse an
der Nationalelf ist wieder auf Normalmaß geschrumpft.
Das muss nicht schlecht sein. Und Spiele wie die legendäre 1:5-Klatsche
2004 gegen Rumänien waren ehrlich gesagt auch nicht schöner. Danach musste
man sich zum Trost erst mal ein paar Ran-Classics reinziehen.
13 Nov 2016
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
WM-Qualifikation
Deutsche Fußball-Nationalmannschaft
Nordirland
Deutscher Fußballbund (DFB)
WM-Qualifikation
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