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# taz.de -- Schulz und sein Intimfeind Berlusconi: Signor Schulz
> Martin Schulz gilt in Italien – gerade im Gegensatz zu Schäuble – als
> echter Europäer. Doch einen gibt es, mit dem ihn keine Liebe verbindet
Bild: Martin Schulz: ein „echter Europäer“, sagen viele Italiener. Ein „…
Rom taz | Wenn er denn nächstes Jahr Bundeskanzler werden sollte –
wenigstens in einem europäischen Land wird dann keiner fragen, wer das denn
eigentlich sei, dieser Martin Schulz. In Italien nämlich ist er schon seit
2003 bestens bekannt. Zu verdanken hat er das seinem alten Intimfeind
Silvio Berlusconi.
Der „Cavaliere“, seinerzeit Ministerpräsident, hatte sich am 2. Juli 2003,
zum Auftakt der italienischen Präsidentschaft im Europäischen Rat, der
üblichen Befragung und Debatte im Europäischen Parlament zu stellen. Und da
traf er auf den damals in Deutschland nicht sonderlich, in Italien gleich
gar nicht bekannten Fraktionsvorsitzenden der Sozialisten im EP, der
Berlusconi peinliche Fragen stellte.
So wollte Schulz zum Beispiel wissen, was es mit einem [1][gewissen
Marcello Dell’Utri] auf sich habe, einem der engsten Mitarbeiter
Berlusconis mit angeblich besten Mafiaverbindungen (und in der Tat sitzt
Dell’Utri gerade eine siebenjährige Haftstrafe wegen seiner Dienste für die
Cosa Nostra ab).
Darob verlor Silvio die Fassung: Statt auf die Frage zu antworten, machte
er Schulz ein Angebot. Der Deutsche könnte demnächst [2][bei einem KZ-Film
mitwirken], ätzte Berlusconi, noch unbesetzt sei nämlich die Rolle des
„Kapo“ – das waren die Häftlinge, die im Auftrag der SS dabei helfen
sollten, die anderen Lagerinsassen zu schinden. Es folgten Tumulte im EP,
diplomatische Verstimmungen zwischen Deutschland und Italien. Für Schulz
folgte vor allem eines: Mit einem Schlag hatte er in Europa, hatte er vor
allem in Italien einen Namen.
## Dreamteam Schulz und Renzi
So gar nichts mit dem Gegner ihres Schreckgespensts konnte jedoch zunächst
Italiens Linke anfangen, Einladungen zum Beispiel zu den Parteifesten der
Zeitung Unità blieben rar, aus der Angst heraus, das könne gegen den damals
noch einigermaßen populären Berlusconi der italienischen Opposition nur
schaden.
Das ist alles lange vorbei. Die gemäßigt linke Partito Democratico (PD)
unter Matteo Renzi ist heute an der Regierung und zu Schulz hat sie ein
wunderbares Verhältnis, er war schon im Europawahlkampf 2014 immer wieder
gern gesehener Gast. In Rom eilt ihm ein guter Ruf voraus: Anders als die
Bundeskanzlerin oder erst recht als Wolfgang Schäuble sei Schulz halt ein
„echter Europäer“, einer, dem auch die Sorgen des notleidenden europäisch…
Südens nicht entgehen.
Nicht umsonst verkniff es Schulz sich – anders als sein Freund Juncker –
Italien auch nur einmal zu rüffeln wegen seiner mangelnden
Haushaltdisziplin, wegen der Ausfälle seiner Regierung gegen die „Brüsseler
Bürokraten“.
## Zukunft ungewiss
Allerdings ist gar nicht ausgemacht, ob Renzi nächstes Jahr noch regiert.
Schließlich könnte schon er schon am 4. Dezember [3][beim
Verfassungsreferendum stürzen]. Was dann kommt, steht in den Sternen.
Neuwahlen vielleicht, vielleicht gar ein Triumph von Beppe Grillos
Fünf-Sterne-Bewegung – und dann wäre es nichts mehr mit einem triumphalen
Empfang für Kanzler Schulz in Rom. Von Beppe Grillos Truppe hätte Schulz
wohl wieder Unfreundlichkeiten zu erwarten, wenn auch nicht gleich die
„Kapo“-Nummer.
Doch noch eine ganz andere Variante ist alles andere als ausgeschlossen.
Gut möglich, dass die PD – immerhin die stärkste Partei im Parlament – ei…
Übergangsregierung bildet mit dem Ziel, noch schnell das Wahlrecht zu
ändern, bevor es zu Neuwahlen kommt. Dafür allerdings bräuchte die
Renzi-Truppe einen Partner – und der könnte Silvio Berlusconi heißen.
Das wäre doch was für Schulz bei seinem ersten Rom-Besuch als Kanzler: erst
ein Treffen mit seinen alten Freunden von der Linken, und dann ein
gemütliches Abendessen mit dem Juniorpartner in der Regierungskoalition,
mit dem Forza-Italia-Chef Berlusconi, um unter Intimfeinden gemeinsam in
Erinnerungen zu schwelgen an jenen denkwürdigen Tag in Straßburg.
24 Nov 2016
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## AUTOREN
Michael Braun
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