| # taz.de -- Wohnungsbau: Schreber gegen Oberschreber | |
| > In Eimsbüttel sollen 35 Kleingärtner umgesiedelt und 56 preiswerte | |
| > Wohnungen abgerissen werden. Dafür sollen teurere Wohnungen her | |
| Bild: Protest gegen den Grünflächenfraß: Die Schreberrebellen von Eimsbüttel | |
| HAMBURG taz | Die Schreber sind einander nicht mehr grün. Am Sonntag | |
| protestierten hundert Kleingärtner aus Eimsbüttel auf einer „Retter-Fete“ | |
| nicht nur gegen ihre Umsiedlung und den Abriss von 56 | |
| Genossenschaftswohnungen an der Hagenbeckstraße – sie protestierten auch | |
| gegen den Chef des Landesbundes der Gartenfreunde, Dirk Sielmann. Aus | |
| Gartenfreunden wurden Gartenfeinde. | |
| Darum geht es: Der Hamburger Investor „Quantum Immobilien“ will an der | |
| Julius-Vosseler-Straße 100 Miet- und Eigentumswohnungen mit gehobener | |
| Ausstattung bauen. Daneben soll noch Sozialer Wohnungsbau der | |
| Genossenschaft „Deutsche Heim Union“ (DHU) entstehen. Doch auf dem | |
| Baugelände, das zum Stadtpark Eimsbüttel, der grünen Lunge des Quartiers, | |
| gehört, befinden sich 35 Parzellen der Schrebergartenkolonie | |
| „Mühlenkoppel“. | |
| Und deren Nutzer wollen nicht weichen. Sie strengten gegen die Verlagerung | |
| ihrer Gärten ein Bürgerbegehren an, das die Stadt aber für unzulässig | |
| erklärt hat. Das Bezirksamt Eimsbüttel und Sielmann haben nun gemeinsam | |
| einen „Befriedungsplan“ ersonnnen. Danach bekommen die Kleingärtner, die | |
| Quantum weichen müssen, Ersatzparzellen im Umkreis von 500 Metern | |
| angeboten. | |
| Zwanzig von ihnen sollen in einer benachbarten Schrebergartenkolonie der | |
| „Gartenfreunde Eimsbüttel liegen“. Hier haben sich die Kleingärtner bereit | |
| erklärt, größere Parzellen zu teilen. Im Gegenzug soll der Verein neue | |
| Wasserleitungen und Wege von der Stadt finanziert bekommen. „Durch diese | |
| Parzellenteilung verschwindet ein Hektar Grünfläche“, klagt Rudi Christian | |
| von der Initiative Mühlenkoppel. | |
| 14 Kleingärten aber sollen da entstehen, wo sich heute noch der Wohnkomplex | |
| Hagenbeckstraße 100-112 befindet. Das Bauwerk samt seiner 56 preiswerten | |
| Gesossenschaftswohnungen, das sich im DHU-Besitz befindet, soll abgerissen | |
| werden. Die meisten der kleinen Wohnungen, die kaum mehr als 300 Euro | |
| Warmmiete kosten, sind bereits entmietet. Doch ein Dutzend MieterInner | |
| wehrt sich noch gegen den Rausschmiss. Sie haben Transparente mit Slogans | |
| wie „Wir wollen bleiben!“ an der Hausfassade angebracht. | |
| Auch wenn der mit Eternit-Platten verkleidete Backsteinblock von außen | |
| unansehnlich erscheint, fühlen sich die meisten Mieter dort wohl. Die | |
| Wohnungen sind an die Fernwärme angeschlossen und preiswert. Die Initiative | |
| „Schreberrebellen“ spricht deshalb von einem „vergifteten Angebot“ des | |
| Bezirks und des Gartenfreunde-Chefs Sielmann. | |
| „Durch diesen Deal werden Grünflächen und günstiger Wohnraum zugunsten | |
| teurer Wohnungen vernichtet“, bringt Initiativsprecher Jörg Dembeck die | |
| Kritik der Mühlenkoppel-Schreber auf den Punkt. Einziger Gewinner wäre der | |
| Investor Quantum. Dass Kleingarten-Chef Sielmann einem solchen Kompromiss | |
| zustimmt, empfindet Dembeck als skandalös. Sielmann habe „kein Mandat, die | |
| Vernichtung von Kleingartenflächen mit solchen Vorschlägen aktiv zu | |
| betreiben“. | |
| Dabei lässt Dembeck nicht unerwähnt, dass der Sozialdemokrat Sielmann, der | |
| Vorsitzender der Bezirksversammlung Mitte ist, sich in einem | |
| offensichtlichen Rollenkonflikt befinde. Denn der SPD-geführte Senat wolle | |
| Quantum den Zuschlag für die Bebauung geben. Dembeck kündigt an, seine | |
| Initiative werde sich gegen den faulen Kompromiss „mit allen Mitteln | |
| wehren“. | |
| 7 Nov 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Marco Carini | |
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