# taz.de -- Koalieren in Berlin: Integration neu gemischt | |
> Ein Antidiskriminierungsgesetz und ein neu zugeschnittenes Ressort für | |
> Integrationspolitik: das will R2G. Kritik kommt von Muslimen. | |
Bild: Zuschauer bleiben oder mitreden? R2G will Partizipation wieder stärken. | |
Integrations- und flüchtlingspolitisch wird sich in Berlin einiges ändern, | |
sollten sich die derzeitigen VerhandlerInnen tatsächlich auf eine | |
rot-rot-grüne Koalition einigen. Das versprechen jedenfalls die ersten | |
Verhandlungsergebnisse in diesen Politikbereichen, die Barbara Loth (SPD), | |
Katina Schubert (Linke) und Bettina Jarasch (Grüne) am Donnerstagmorgen | |
vorstellten. | |
Das Wichtigste zusammengefasst: Geplante, aber noch nicht gebaute Modulare | |
Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) sollen nicht als Sammelunterkünfte, | |
sondern als Wohnungen gebaut werden. Dies verschaffe den BewohnerInnen mehr | |
Eigenständigkeit und gestatte eine „gemischte Nutzung“, so dass keine | |
Flüchtlingsgettos entstünden und der Wohnraum auch anderen Menschen, die | |
preiswerte Wohnungen suchten, offen stehe, so Schubert, stellvertretende | |
Linken-Landesvorsitzende. | |
Zweiter wichtiger Punkt: Berlin soll ein Landesgesetz gegen Diskriminierung | |
bekommen. Das soll das seit zehn Jahren bundesweit geltende Allgemeine | |
Gleichbehandlungsgesetz AGG erweitern und ergänzen. Etwa um | |
Diskriminierungsgründe wie sozialer Status oder neue Geltungsbereiche und | |
Sanktionen wie Schadensersatz, so Barbara Loth, Staatssekretärin in der | |
Senatsverwaltung für Arbeit, Integration, Frauen und stellvertretende | |
Landesvorsitzende der Berliner SPD. | |
Damit solle drittens auch die Position der Gleichstellungsbeauftragten des | |
Landes gestärkt werden, so Loth, als „weisungsunabhängige“ | |
Beschwerdestelle. Und auch der Landesintegrationsbeauftragte soll wieder | |
mehr Macht bekommen: „Wir wollen einen weisungsunabhängigen | |
Integrationsbeauftragten nach dem Berliner Partizipations- und | |
Integrationsgesetz“, so Schubert, deren Partei das Gesetz in der rot-roten | |
Regierungszeit 2010 mit durchgesetzt hatte. Unter der Koalition von SPD und | |
CDU hatte Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) den Beauftragten dann zum | |
weisungsgebundenen Abteilungsleiter ihrer Verwaltung gemacht. | |
Bei welcher Senatsverwaltung Gleichstellungs- und Integrationsbeauftragte | |
dann angesiedelt sein sollen, „das entscheiden wir zum Schluss“, so | |
Schubert. Doch bei dem bisherigen Ressortzuschnitt, der die | |
Integrationspolitik bei Kolat, die Flüchtlingspolitik maßgeblich bei | |
Sozial- und Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) ansiedelte, wird es unter | |
einer R2G-Koalition wohl nicht bleiben. Dafür gab es in den Stellungnahmen | |
der drei Verhandlerinnen dichte Hinweise: etwa, dass die dringend | |
notwendige ressortübergreifende Zusammenarbeit in der Bewältigung der | |
Flüchtlingsunterbringung bislang nicht gut geklappt habe und man „Doppel- | |
und Parallelstrukturen“, wie sie sich bisher aus der Zuständigkeit | |
verschiedener Behörden und Senatsverwaltung ergeben hätten, nicht mehr | |
wollte, wie die grüne Parteivorsitzende Jarasch sagte. | |
Kritik an den Absichtserklärungen der KoalitionärInnen kam von Vertretern | |
der Berliner Muslime. Ihre Forderungen an einen neuen Senat hätten in den | |
Verhandlungen offenbar keine Berücksichtigung gefunden, befürchtet Mohamad | |
Hajjaj, Landesvertreter des Zentralrats der Muslime. Tatsächlich hieß es am | |
Donnerstag nur, man wolle das Islamforum als regelmäßige Diskussionsrunde | |
von Muslimen und Senat „wiederbeleben“, das unter Rot-Schwarz eingeschlafen | |
war. Ansonsten sah die Grüne Jarasch die Kulturpolitiker zuständig, da das | |
Thema Religion in dem Ressort angesiedelt und dort zu verhandeln sei. | |
„Unsere mit einer neuen Regierung verbundenen Hoffnungen auf strukturelle | |
Veränderungen scheinen sich nicht zu erfüllen“, so Hajjaj. | |
3 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
## TAGS | |
Koalitionsverhandlungen | |
Dirk Behrendt | |
Koalitionsverhandlungen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neues Gesetz für Berlin: Mehr Schutz gegen Diskriminierung | |
Der Senat hat den Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes beschlossen. | |
Es schützt Bürger vor Behörden und deren Mitarbeitern. | |
Koalitionsverhandlungen in Berlin: R2G definiert Warten neu | |
Die Wartezeit für einen Bürgeramtstermin soll höchstens 14 Tage betragen, | |
verspricht die künftige Koalition. Zwei Staatssekretäre sollen sich um die | |
Verwaltung kümmern. |