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# taz.de -- Angeblicher Terrorverdächtiger in Berlin: U-Haft ohne Beweise
> Ein 27-Jähriger wird wegen Terrorverdachts festgenommen – nun sitzt er
> wegen Urkundenfälschung in Haft. Anwalt spricht von „vorgeschobenen“
> Gründen.
Bild: Das Haus in Schöneberg, in dem der angeblich Terrorverdächtige festgeno…
Ein Großaufgebot der Polizei hatte die Wohnung eines 27-jährigen Syrers in
Schöneberg durchsucht, von Gefahr im Verzug wegen eines geplanten
Terroranschlags war die Rede. Nun stellt sich heraus: Die Beweise sind so
dünn, dass es nicht mal für einen Haftbefehl wegen Terrorverdachts reicht.
Über einen Umweg schaffte es die Polizei dennoch, dass der 27-Jährige in
Untersuchungshaft kommt: wegen angeblicher Urkundenfälschung. Sein Anwalt
spricht von einem Skandal.
Das ist kurz zusammengefasst der Sachstand am Ende einer ereignisreichen
Woche. Der Syrer, über den die Polizei sagt, er sei ein Tunesier, war am
Mittwochabend festgenommen worden. In der Kolonnenstraße hatte er bei einem
Flüchtlingshelfer seit einem halben Jahr zur Untermiete gewohnt. Bei der
Wohnungsdurchsuchung waren Papiere und elektronische Geräte beschlagnahmt
worden.
Von einem Zugriff „gerade zur rechten Zeit“, hatte Bundesinnenminister
Thomas de Maizière (CDU) gesprochen. Dass in der Wohnung weder Sprengstoff
noch Waffen gefunden wurden, „hat nichts zu sagen“, erklärte Berlins
Verfassungsschutzchef Bernd Palenda. Einen Terroranschlag könne man auch
mit anderen Mitteln verüben.
Am Donnerstag war der Festgenommene nach Karlsruhe geflogen worden. Der
Bundesgerichtshof indes verweigerte sich dem Antrag der Bundesanwaltschaft,
einen Haftbefehl zu erlassen. Die Aufnahme von Ermittlungen sei zwar
gerechtfertigt gewesen, aber die Indizien reichten für die Annahme eines
dringenden Tatverdachts nicht aus, so die Richter.
Jonathan Burmeister, Anwalt des Festgenommenen, verwies am Freitag
gegenüber der taz darauf, dass sein Mandant umfassend ausgesagt und alle
Vorwürfe zurückgewiesen habe. Auch dass er einen falschen Pass benutzt
habe, habe er eingeräumt. Tausende Syrer kämen mit falschen Dokumenten nach
Deutschland, weil ihnen die Pässe auf der Flucht abgenommen würden, so
Burmeister. Statt seinen Mandanten freizulassen, seien die Berliner
Polizisten in Karlsruhe zu einem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts
gefahren. Der erließ Haftbefehl wegen Verdachts der Urkundenfälschung.
Seit Freitag befindet sich der Mann wieder in Berlin. In der
Untersuchungshaftanstalt Moabit sitzt er nun in einem besonders gesicherten
Haftraum. Damit soll Vorsorge getragen werden, dass er sich nicht wie der
Terrorverdächtige Dschaber al-Bakr im Oktober in einem Gefängnis in Leipzig
das Leben nehmen kann.
Burmeister nennt die U-Haft rechtswidrig und die Haftgründe vorgeschoben.
In Wirklichkeit sitze sein Mandant nicht wegen Urkundenfälschung in Haft.
„Nach allem, was bekannt ist, ist das äußert windig“, meint auch der grü…
Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele auf taz-Nachfrage.
In Sicherheitskreisen äußerte man sich erleichtert. Nun sei Zeit, Beweise
nachzuliefern. Anlass der Ermittlungen waren laut Bundesanwaltschaft
Erkenntnisse des Verfassungsschutzes. Angeblich soll der Verdächtige ein
Messerattentat am Montag in Berlin geplant haben.
4 Nov 2016
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Terrorverdacht
Anschlag
Untersuchungshaft
Terrorverdacht
Terrorverdacht
Schwerpunkt Flucht
„Islamischer Staat“ (IS)
Terrorverdacht
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