# taz.de -- Korruption in Nigeria: Im Visier der Ermittler | |
> Gegen mehrere Politiker laufen derzeit Untersuchungen wegen Veruntreuung. | |
> Mit dabei ist auch die frühere First Lady Patience Jonathan. | |
Bild: 2012: Die damalige First Lady kehrt von einer Deutschlandreise nach Abuja… | |
ABUJA taz | Das knapp dreiminütige Video ist in den vergangenen Tagen in | |
den sozialen Netzwerken Facebook und YouTube viele tausend Male angeklickt | |
worden und hat für Gelächter, vor allem aber für Wut gesorgt. Zu sehen sind | |
knapp 100 Frauen, die ziemlich falsch und alles andere als textsicher | |
fordern, dass 15 Millionen US-Dollar unverzüglich an die ehemalige First | |
Lady, Patience Jonathan, zurückgegeben werden. Es sind gekaufte | |
Protestlerinnen, wie es sie häufig in Nigeria gibt. | |
Im Zentrum des Filmchens steht einmal mehr eine Frau, die weiterhin viele | |
Unterstützer hat, für die sich gleichzeitig zahlreiche Nigerianer aber auch | |
extrem schämen. Während ihrer Zeit als Präsidentengattin versuchte sie | |
beispielsweise, die Organisatoren der Protestbewegung BringBackOurGirls | |
einsperren zu lassen. Ihre zahlreichen Grammatikfehler brachten der | |
einstigen Lehrerin außerdem viel Spott ein. Doch wirklich anhaben konnte | |
ihr niemand etwas. | |
Das könnte sich nun ändern: Die Kommission gegen Korruption und | |
Wirtschaftsverbrechen (EFCC) hat mit den 15 Millionen US-Dollar einen Teil | |
ihres Vermögens eingefroren. Die EFCC wirft vier Unternehmen, die mit der | |
Frau von Ex-Präsident Goodluck Jonathan in Verbindung stehen, vor, unter | |
anderem Geld aus Straftaten erhalten zu haben. | |
Medienberichten zufolge behauptet Patience Jonathan, das Geld sei ihr im | |
Laufe der Jahre von Freunden und Unterstützern geschenkt worden. Mal hieß | |
es auch, damit sollen Krankenhausrechnungen bezahlt werden. Von möglicher | |
Reue oder der Bereitschaft zur Aufarbeitung der Fälle gibt es jedoch keine | |
Spur, im Gegenteil: Mittlerweile fordert sie sogar eine Entschädigung in | |
Höhe von 200 Millionen US-Dollar. Man habe ihre Rechte beschnitten. | |
## Ex-Präsidentenberater in U-Haft | |
Seit dem Fall Patience Jonathan tastet sich die EFCC nun offenbar immer | |
näher an Spitzenpolitiker und Nigerianer in wichtigen Ämtern heran. Ihr | |
Fall ist nicht der einzige, der die Kommission gerade beschäftigt. In | |
Untersuchungshaft sitzt Reuben Abati, ehemaliger Berater von Goodluck | |
Jonathan. Abati soll 50 Millionen Naira (umgerechnet knapp 143.000 Euro) | |
veruntreut haben, eine vergleichsweise geringe Summe. | |
Bis dahin war es um den ehemaligen Journalisten recht ruhig geworden, hatte | |
sich dieser doch vorwiegend im Ausland aufgehalten. Schlagzeilen machte er | |
jedoch schon einmal vor zwei Wochen, als er behauptete, es würde in der | |
Villa, dem Sitz des Präsidenten, spuken. | |
Zeitgleich mit ihm festgenommen wurde Bala Mohammed, ehemaliger Minister | |
für die Hauptstadt Abuja, dem die EFCC ebenfalls Veruntreuung öffentlicher | |
Gelder vorwirft. In seiner Amtszeit von 2010 bis 2015 war die „land swap | |
initiative“ entstanden. Mit diesem Programm sollte auf Brachflächen | |
Infrastruktur geschaffen werden. Gleichzeitig war eine Kompensation für die | |
eigentlichen Besitzer vorgesehen. | |
Abuja war auf der sprichwörtlichen grünen Wiese entstanden und wurde erst | |
1991 öffentlich zur Hauptstadt gemacht. Bereits Mitte des Jahres war | |
berichtet worden, dass 7.600 Hektar nicht in das Programm aufgenommen | |
worden waren, was einer Summe von umgerechnet rund 286 Millionen Euro | |
entspricht. Im Juni betonte Bala Mohammed, keine Deals mit Investoren | |
eingegangen zu sein. Derzeit heißt es, dass er vermutlich nicht so schnell | |
wieder gegen Kaution auf freien Fuß kommt. | |
Unangetastet bleibt bisher allerdings noch Ex-Präsident Jonathan selbst. | |
Vizepräsident Yemi Osinbajo sagte während seines Besuchs in den USA, die | |
Regierung würde sich nicht in die Arbeit der EFCC einmischen. In Nigeria | |
galt diese lange als zahnloser Tiger, mit der lediglich politische Gegner | |
aus dem Spiel gezogen werden sollen. | |
31 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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