# taz.de -- Rettungsaktion von Sea Watch gestört: Libysche Attacke auf Flücht… | |
> Die libysche Küstenwache hat ein Flüchtlingsboot in internationalen | |
> Gewässern bedrängt. 30 Menschen sollen ertrunken sein, sagt Sea Watch. | |
Bild: In Seenot: Gekentertes Boot mit Flüchtlingen im Jahr 2015 | |
BERLIN taz | Die private Seenot-Hilfsorganisation Sea Watch hat ihre | |
Vorwürfe gegen die libysche Küstenwache erneuert. Diese habe Ende | |
vergangener Woche eine Rettungsaktion unterbrochen und den Tod Dutzender | |
Flüchtlinge verursacht. „Es gab 25 bis 30 Tote, dafür ist die libysche | |
Küstenwache verantwortlich, weil sie uns nicht hat in Ruhe operieren | |
lassen“, sagte der Kapitän der „Sea Watch 2“, Ingo Werth, der taz. | |
In der Nacht zum Freitag war das Rettungsschiff „Sea Watch 2“ von der | |
italienischen Rettungsleitstelle zu einer Unglücksstelle rund 14 Seemeilen | |
nördlich der Küstenstadt Sabratah gerufen worden. Dort saßen etwa 150 | |
Menschen in einem manövrierunfähigen Boot. Die Besatzung der „Sea Watch“ | |
begann, Rettungswesten auszugeben. „Wir hätten die Aktion ohne Verluste von | |
Menschenleben in 90 Minuten beenden können“, sagt Werth. | |
Dann jedoch sei das Boot der Küstenwache erschienen und habe die Helfer | |
abgedrängt. Werth sagt, er habe beobachtet, wie einer der libyschen | |
Küstenwächter auf das Flüchtlingsboot stieg und dabei mit einem Stock auf | |
die Insassen eingeschlagen habe. Nach einiger Zeit seien die Libyer wieder | |
abgefahren. Es sei nicht klar geworden, was sie wollten, sagte Werth. | |
Kurz darauf platzte einer der Schwemmkörper des Flüchtlingsboots – etwa an | |
der Stelle, an der das Boot der Libyer angedockt habe. Daraufhin seien die | |
Flüchtlinge in Panik geraten und ins Wasser gerutscht. Die Besatzung der | |
„Sea Watch“ konnte 120 von 150 Menschen bergen. | |
Die libysche Marine hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Soldaten einer | |
Patrouille seien in der Nacht zum Freitag an Bord eines Hilfsschiffs | |
gegangen, um zu überprüfen, weshalb sich das Schiff in libyschen | |
Hoheitsgewässern aufhielt, sagte ein Sprecher der Marine am Samstag in | |
Tripolis. „Die Besatzung gibt vor, dass wir sie angegriffen haben und es | |
mehrere Tote gab. Aber das stimmt nicht, und wir fordern sie auf, Beweise | |
für diesen Zwischenfall vorzulegen“, ergänzte er. | |
An Bord der „Sea Watch 2“ war der Berliner Fotograf Christian Ditsch. Er | |
hat die Aktion der libyschen Küstenwache fotografiert. Eines seiner Bilder | |
zeigt die Radaranlage des Schiffs. Die dort zu erkennenden Koordinaten | |
zeigen einen Aufenthaltsort in internationalen Gewässern an. | |
In den letzten Monaten waren Seenothelfer mindestens zweimal mit Schüssen | |
von mutmaßlichen libyschen Küstenwächtern angegriffen worden. | |
Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer kritisiert, dass die EU mit der | |
libyschen Marine im Rahmen ihrer „Sophia“-Mission gegen Schleuser | |
zusammenarbeiten will. Am Mittwoch begann die Ausbildung von Mitgliedern | |
der libyschen Küstenwache durch die EU. Es seien bereits zwei Schiffe | |
Italiens und der Niederlande auf dem Weg in internationale Gewässer vor der | |
libyschen Küste, wo die Ausbildung beginnen soll. Die im Mittelmeer im | |
Einsatz befindliche EU-Mission „Sophia“ darf selbst nicht in libyschen | |
Hoheitsgewässern tätig werden. | |
Mit der Überprüfung der Auszubildenden will die EU sicherstellen, dass sich | |
unter ihnen keine Anhänger radikaler Gruppen wie der Terrormiliz | |
„Islamischer Staat“ (IS) befinden. Außerdem wollen die Europäer keine | |
Küstenwächter ausbilden, die in Korruption verstrickt sind und mit | |
Schleppern gemeinsame Sache machen. | |
26 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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