# taz.de -- Kommentar zum AfD-Neuzugang: Der verlorene Sohn | |
> Der Zweifel an einfachen Lösungen war die Richtschnur – heute würde | |
> Joachim Fest sich im Grabe umdrehen: Sein Sohn Nicolaus geht zur AfD. | |
Bild: Skeptisch hinterfragen war gestern – Nicolaus Fest schließt sich liebe… | |
Joachim Fest war ein streitbarer Konservativer, ein begnadeter Publizist | |
und einer der wichtigen intellektuellen Wegbereiter der geglückten | |
Demokratie nach 1945. Einen „Metabürger“ nannte ihn Durs Grünbein einmal. | |
Denn wie kaum ein Zweiter repräsentierte der ehemalige FAZ-Herausgeber und | |
Zeithistoriker die bürgerlichen Kardinaltugenden der alten Bundesrepublik: | |
Anstand, Geradlinigkeit, Skepsis, Liberalität. | |
Dafür, dass dieses Wertefundament in Teilen des Bürgertums zunehmend | |
erodiert, ist ausgerechnet Fests Sohn ein jüngstes Beispiel – am Mittwoch | |
wurde Nicolaus als [1][Neuzugang der AfD vorgestellt.] | |
Zu Zeiten des alten Fest wäre es undenkbar gewesen, dass sich die Bürger | |
von Besitz und Bildung mit Autoritären und Fremdenhassern gemein machen. | |
Bürgerlich sein hieß auch: jeden Anflug politischen Extremismus | |
misstrauisch zu beäugen, Maß und Mitte stets zu wahren. | |
Man musste diese knorrigen Typen und ihr elitäres Gebaren nicht mögen. Aber | |
es waren zumeist anständige Leute und aufrechte Demokraten. NPD, | |
Republikaner und andere rechte Parteien blieben auch darum bloß | |
Splittergruppen, weil das Bürgertum die Rechtsaußen stets verachtete. | |
## Geifernd statt kultiviert | |
Heute ist das anders. Leuten wie Nicolaus Fest ist es egal, mit wem sie | |
paktieren. Zurückhaltung und Anstand haben sie längst aufgegeben. Dass | |
Verschwörungsideologen, völkische Sektierer und Verfassungsfeinde zu ihren | |
neuen politischen Freunden gehören, kümmert sie nicht. Der Ton ist geifernd | |
statt feingeistig-kultiviert. Man wettert gegen den Islam, die | |
„Gutmenschen“ und „Altparteien“. | |
Die moralische Richtschnur früherer Zeit ist diesem verrohten Bürgertum | |
abhanden gekommen – und die AfD ist ihr Sammelbecken. | |
Joachim Fest erklärte den Zweifel einst zu seiner Antriebskraft: Nie dürfe | |
man den einfachen Lösungen vertrauen, stets skeptisch sein, hinterfragen. | |
Nun macht sein Sohn Politik für Populisten. Auch so eine Ironie der | |
Geschichte. | |
6 Oct 2016 | |
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## AUTOREN | |
Robert Pausch | |
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