# taz.de -- Roma-Abschiebung in Bremen ausgesetzt.: Duldung bis der Winter kommt | |
> Serbische Roma-Familie darf vorerst bleiben: Innenressort vertagt | |
> geplante Abschiebung wegen Zweifeln an ihrer Ausreisepflicht. | |
Bild: Proteste gegen Abschiebung von Roma-Familien gibt es seit Jahren. | |
BREMEN taz |Die Roma-Familie, gegen deren „freiwillige Ausreise“ vorige | |
Woche Schüler und Lehrer der Gesamtschule Mitte beim Innensenator | |
protestiert hatten, darf vorerst in Bremen bleiben. | |
Wie man im Innenressort betont, sei die Entscheidung schon vor der | |
Postkartenübergabe am vergangenen Donnerstag erfolgt. Auf über 500 | |
Postkarten hatten die Schüler der Gesamtschule Mitte notiert, warum sie | |
nicht wollen, dass ihre Mitschülerin abgeschoben wird. Die Familie aus | |
Serbien, die zwischenzeitlich offenbar untergetaucht war, darf nun für vier | |
weitere Monate in Bremen bleiben. | |
Der Grund für die jetzige Entscheidung: Es gibt eine ältere und offenbar | |
behinderte Tochter, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Bis | |
die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) | |
vorliegt, wird die Abschiebung ausgesetzt. | |
Von der Existenz der behinderten Tochter habe die Ausländerbehörde erst | |
Anfang September durch den Rechtsanwalt der Familie erfahren, so | |
Innenressortsprecherin Rose Gerdt-Schiffler. Nun muss die Familie die | |
Verwandtschaft nachweisen. Eine Geburtsurkunde liegt inzwischen vor, muss | |
aber noch übersetzt werden. | |
Die 20-jährige Tochter war erst nach ihrer Familie nach Deutschland | |
gekommen. „Da Familien mit minderjährigen Kindern oder pflegebedürftigen | |
Angehörigen in Bremen nicht auseinandergerissen werden, nur weil ihre | |
Verfahren unterschiedlich lange beim Bamf dauern, hatte die | |
Ausländerbehörde entschieden, der Familie noch eine viermonatige Duldung | |
auszusprechen“, sagt Gerdt-Schiffler. Das gebe dem Rechtsanwalt der Familie | |
außerdem die Zeit, ein Attest für die Mutter beizubringen – diese hatte | |
angegeben, psychisch erkrankt zu sein. | |
Hier soll nun die Reisefähigkeit geprüft werden. Sollte das Asylverfahren | |
der behinderten Tochter ergeben, dass „eine Behandlungsmöglichkeit in | |
Serbien nicht gegeben und sie auf die Unterstützung ihrer Familie | |
angewiesen ist“, wie Gerdt-Schiffler erklärt, dann könnte die Familie in | |
Bremen bleiben. Dies gelte im Übrigen auch, wenn die Mutter durch ein | |
ärztliches Attest als nicht reisefähig eingestuft würde. | |
Das allerdings erscheint in Anbetracht eines anderen Falles als wenig | |
wahrscheinlich: Eine in der vergangenen Woche abgeschobene Roma-Familie | |
hatte zuvor noch versucht, eine Reiseunfähigkeit der Mutter geltend zu | |
machen – ohne Erfolg. Trotz eines stationären Aufenthaltes in der | |
Psychiatrie aufgrund eines Suizidversuches wurde die Mutter als reisefähig | |
eingestuft, die Familie wurde in den Flieger nach Belgrad gesetzt. | |
Im aktuellen Fall gilt jetzt: Falls das Bamf den Asylantrag der behinderten | |
Tochter ablehnt und auch die Mutter als reisefähig gilt, müsste die Familie | |
Ende Januar 2017 endgültig ausreisen. | |
Der noch im Jahr 2013 von vielen Bundesländern praktizierte | |
Winter-Abschiebestopp gilt in Bremen schon lange nicht mehr: Bereits im | |
vergangenen Winter gab es keine besonderen Regelungen zum Schutz der | |
Betroffenen vor besonders kalter Witterung in den Herkunftsländern. Als | |
letzte Bundesländer hatten 2014 Thüringen und Schleswig-Holstein auf | |
Abschiebungen in der kalten Jahreszeit verzichtet. Seit Beginn der | |
Flüchtlingskrise wird darauf jedoch keine Rücksicht mehr genommen. | |
„Jedoch werden“, heißt es aus dem Ressort, „diese Umstände bei der Prü… | |
der Abschiebung in einer Gesamtschau der Situation der Ausreisepflichtigen | |
berücksichtigt.“ Das gilt eigentlich ohnehin – und das auch schon im | |
vergangenen Jahr. | |
27 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Karolina Meyer-Schilf | |
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