# taz.de -- Philosophieren in Österreich: Wir kommen von Gott nicht los | |
> Im österreichischen Lech trafen sich zum 20. Mal beim Philosophicum | |
> hochrangige Denker. Sie debattierten über „Gott und die Welt“. | |
Bild: Überlegenswert: Luxus als radikale Welterfahrung und absolute Diesseitig… | |
Unter dem Allerweltstitel „Über Gott und die Welt – Philosophieren in | |
unruhigen Zeiten“ beging das Philosophicum Lech sein 20. Jubiläum. Und es | |
verlief prächtig. | |
Denn der, von Konrad Paul Liessmann als „anarchistisches Querformat der | |
Kommunikation – locker und ohne zweckrationalen Ergebnisdruck“ angekündigte | |
Denkraum bot ihm selbst und einigen Anderen wie etwa Heinz Bude, Herfried | |
Münkler, Mouhanad Khorchide reichlich Gelegenheit mit Philosophie als | |
„Diskussionstechnik plus ehrlich offener Wahrheitssuche“ (Carlos Fraenkel) | |
zu brennenden Fragen unserer Zeit Stellung zu beziehen. | |
Ganz imposant, wenngleich etymologisch nicht durchwegs nachvollziehbar | |
gelang dies Christoph Türcke, der unter der Schlagzeile „Wir kommen von | |
Gott nicht los, solange wir mit Geld hantieren“ eine alternative Deutung | |
der historischen Verknüpfung von Geld, Schuld und Opfer bot. | |
Um mehr Gott als Welt ging es bei Holm Tetens, nun emeritierter FU-ler aus | |
Berlin. Er vertrat, letztendlich verstünden wir Welt ohne Gott gar nicht | |
und es sei jedenfalls tröstlich und Hoffnung spendend an IHN zu glauben. In | |
seinen Ausführungen waren es dann doch die Priester, die trösteten und | |
nicht Gott. Und woher die Gewissheit, dass Gott nicht böse sei? Was für ein | |
Risiko! | |
## Wir wollen hier auf Erden schon | |
Der Philosoph Markus Gabriel machte es uns dann wieder leicht: Wir | |
bräuchten Gott und die Welt gar nicht verstehen, weil es ohnehin keine Welt | |
gibt. Auch in den in Lech allen Vorträgen folgenden allgemeinen | |
Diskussionen verfocht Gabriel am ehesten einen explizit agnostischen | |
Standpunkt. | |
Ebenfalls am Diesseits orientiert, ganz im Sinne H. Heines „wir wollen hier | |
auf Erden schon …“ hielt Lambert Wiesing eine äußerst amüsante, geistrei… | |
Lobrede auf die „Welterfahrung“ Luxus . Das sich der kalten instrumentellen | |
Vernunft von Zeit zu Zeit verweigernde autonome Subjekt macht, so die These | |
Wiesings, mit Luxus als dem Mehr als das Notwendige eine ähnlich Sinn | |
bestimmende ästhetische Erfahrung, die Schiller im Spiel sah. In kurzer | |
Form gereimt lautet Wiesings These: Luxus ist Trotz, ihn zeigen ist Protz. | |
Die Wende weg von schierer Weltlichkeit vollzog am sonntäglichen Ende der | |
Veranstaltung Rüdiger Safranski. Er ermahnt das Publikum das Ekstatische | |
der Kunst etwa oder die Ungeheuerlichkeit, dass „die Natur im Menschen die | |
Augen aufschlägt“ (Schelling) nicht aus dem Blick zu verlieren. Er warnt | |
vor Entzauberung durch lückenlose Säkularisierung aller Lebensbereiche und | |
rät „den Fuß in der Tür zu behalten“. | |
27 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Georg Herrnstadt | |
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Peter Sloterdijk | |
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