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# taz.de -- Die Wahrheit: Weiche Hände, weiche Birne
> Als notorischer Flughafenzuspätkommer ist es nicht von Vorteil, es mal
> anders zu machen. Das kann zu unvorhersehbaren Ereignissen führen.
Es ist nicht unbedingt von Vorteil, wenn man zu früh am Flughafen ankommt.
Und es ist normalerweise auch nicht meine Art. Meistens treffe ich auf den
letzten Drücker ein – oder noch später. Die Liste der Flugzeuge, die ich
verpasst habe, ist lang.
Aber man lernt ja dazu. Diesmal kam ich zwei Stunden vor Abflug auf dem
Flughafen von Liverpool an, was nicht unbedingt an meinem Lernprozess lag,
sondern an der Labour Party. Die Debatte auf dem Parteitag war an jenem
Nachmittag so langweilig, dass zwei Stunden auf dem Flughafen durchaus
attraktiv erschienen.
Wer rechnet auf einem Flughafen schon mit Wegelagerern? Einer von ihnen
stand vor einem Laden und drückte mir ein Erfrischungstuch in die Hand. Ich
zuckte entsetzt zurück, aber er hinderte mich an der Flucht, weil er mir
noch „ein Geschenk für die Gattin“ mitgeben wollte. Ich sollte ihm folgen.
An der Ladentheke machte er sich mit einer Art Schwamm an meinem
Daumennagel zu schaffen, bis er glänzte. Na, toll.
Danach schüttete er mir blaues Salz in die Hand, ich musste es verreiben.
Er spülte mir die Hände ab und rieb sie mit einer Paste ein. „Na“, fragte
er, „wann hast du das letzte Mal so weiche Hände gehabt?“ Ich hatte fettige
Hände, und das war unangenehm. Was denn mit dem Präsent für die Gattin sei,
fragte ich. „Aber ja“, antwortete er, „der Nagelschwamm ist kostenlos, we…
du das Salz und die Paste kaufst.“ Und zwar zum Sonderpreis von 80 Euro.
Ich hatte alte Jeans und ein Sweatshirt an, das schon bessere Zeiten
gesehen hatte. Auf dem Rücken trug ich einen Rucksack. Sah ich wirklich aus
wie jemand, der 80 Pfund ausgeben würde, um weiche Hände zu bekommen? Zum
Glück war meine Birne noch nicht weich. Ich würde die Gattin anrufen und
fragen, ob sie einen Nagelschwamm gebrauchen könne, und ihm dann Bescheid
geben, log ich.
Er ließ aber nicht locker: „Du duschst doch regelmäßig, oder?“ Einmal im
Monat, sagte ich spaßeshalber, doch er nahm es ernst: „Was denn! Nur einmal
im Monat?“ Du meine Güte, er war noch gutgläubiger als ich. Mir hingegen
ging endlich ein Licht auf. Er wollte mir gar kein Präsent für die Gattin
mitgeben, sondern ich sollte eins kaufen.
Um ihn nicht noch mehr zu enttäuschen, fragte ich, wie viel der
Nagelschwamm koste, obwohl mir der Vorteil von glänzenden Nägeln nicht
recht einleuchtete. Er tippte zwei Zahlen in seinen Taschenrechner und
hielt ihn mir unter die Nase: 20 Pfund. Ächz. „Schreckt dich der Preis
ab?“, fragte er scheinheilig. Ich wiederholte, dass ich erst die Gattin
anrufen müsse. Er wusste, dass er verloren hatte, und wünschte mir einen
guten Flug, meinte aber das Gegenteil.
Die Maschine nach Dublin war ausgebucht, weil eine irische Fangruppe das
Heimspiel ihres Lieblingsvereins FC Liverpool besucht hatte. Sie waren alle
betrunken, und der Betrunkenste setzte sich neben mich. Da Liverpool 5:1
gewonnen hatte, war er glücklich. Er stellte sich als Joe vor, griff meine
Hand und stutzte, weil sie so weich war.
4 Oct 2016
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Flughafen
Verspätung
Kosmetik
Irland
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