# taz.de -- Streit um Renten für Holocaust-Opfer: Verfahren gegen Richter been… | |
> Er kämpfte für die Renten von Holocaust-Überlebenden. Das brachte einem | |
> Essener Richter ein Disziplinarverfahren ein. Nun gibt es eine Einigung. | |
Bild: Richter Jan-Robert von Renesse im März | |
Düsseldorf dpa | Das auch international beachtete Disziplinarverfahren | |
gegen den Sozialrichter Jan-Robert von Renesse im Zusammenhang [1][mit | |
Rentenansprüchen von Holocaustüberlebenden] ist beendet. Das | |
nordrhein-westfälische Justizministerium und der Essener Richter einigten | |
sich nach monatelangen Verhandlungen hinter verschlossenen Türen. Von | |
Renesse bleibe Richter am Landessozialgericht, versicherte ein | |
Ministeriumssprecher. Man habe ein für beide Seiten zufriedenstellendes | |
Ergebnis gefunden. Wie die Verständigung aussieht, teilte das | |
Justizministerium am Dienstag nicht mit. Es sei Vertraulichkeit vereinbart | |
worden. | |
Der Richter soll der Justiz in einem Schreiben an den Bundestag | |
rechtsstaatswidrige Zustände vorgeworfen haben. Auf einem Geheimtreffen | |
seien rechtswidrige Absprachen zum Nachteil von Holocaust-Opfern getroffen | |
worden. | |
Das Justizministerium in Düsseldorf hatte dies als krassen Verstoß gegen | |
die Wahrheitspflicht des Richters gewertet. Das besagte Treffen habe im | |
Gegenteil einer beschleunigten Anerkennung von Ansprüchen gedient, um eine | |
Prozesslawine zu vermeiden. NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) hatte | |
den Juristen deshalb wegen Rufschädigung der Justiz verklagt und 5000 Euro | |
Geldbuße beantragt. | |
Der Richter hatte sich jahrelang für die sogenannten Ghetto-Renten von | |
Holocaust-Überlebenden eingesetzt und zu einer veränderten Rechtsprechung | |
beigetragen. | |
## Opferverbände zeigten sich irritiert | |
Das Disziplinarverfahren gegen ihn hatte bei den Verbänden der | |
Holocaust-Überlebenden in Israel und den USA für Aufsehen gesorgt. Das | |
Simon-Wiesenthal-Zentrum und Holocaust-Opferverbände zeigten sich | |
irritiert. Das Zentrum wandte sich schriftlich an die Bundesregierung. | |
Dass sich von Renesse Verdienste für die Holocaust-Überlebenden erworben | |
habe, sei unstreitig, hatte ein Ministeriumssprecher versichert. Es gebe | |
ihm dennoch nicht das Recht, Richterkollegen zu verunglimpfen. | |
Der Streit hatte sich um die Renten für Ghetto-Gefangene während der | |
Nazi-Gewaltherrschaft entzündet. Der Bundestag hatte 2002 ein Gesetz | |
beschlossen, das Überlebenden der Ghettos Rentenansprüche in Aussicht | |
stellte, sofern sie dort einer freiwilligen Arbeit gegen eine Entlohnung | |
nachgingen. Für Zwangsarbeit gilt dies nicht. | |
Eine Ablehnungsquote von über 90 Prozent sorgte bald für große | |
Enttäuschung. Landessozialrichter von Renesse reiste zu den Überlebenden | |
nach Israel und befragte sie dort, holte historische Gutachten ein. Seine | |
Anerkennungsquote lag weit über der seiner Kollegen. 2008 änderte das | |
Bundessozialgericht beim Ghettorenten-Gesetz schließlich seinen Kurs und | |
wendet seither nicht mehr so strenge Maßstäbe an. | |
14 Sep 2016 | |
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