| # taz.de -- Atomtests in Nordkorea: Der bislang stärkste Test | |
| > Mit einem neuen Atomtest bringt Nordkorea die Weltgemeinschaft ein | |
| > weiteres Mal gegen sich auf. Selbst China ahnt nun die nukleare | |
| > Geiselhaft. | |
| Bild: Kim Jong-un im Gespräch mit Wissenschaftlern und Technikern | |
| Peking taz | Die Menschen in Yanbian sind es inzwischen gewohnt, dass die | |
| Erde wackelt. Die Gegend an der Grenze Chinas zur koreanischen Halbinsel | |
| ist zwar keine Erdbebenregion. Doch schon die Detonationen der vier bisher | |
| vorgenommen unterirdischen Atomtests waren auf der chinesischen Seite zu | |
| spüren. Die Wucht, die die Menschen von Yanbian am Freitagmorgen allerdings | |
| erlebten, haben alles Bisherige übertroffen. „In meinem Haus ist sogar ein | |
| Schrank umgefallen“, wird ein chinesischer Grenzbewohner von chinesischen | |
| Medien zitiert. | |
| Am Freitagmorgen gegen 9.30 Uhr Ortszeit haben US-amerikanische Seismologen | |
| unweit des nordkoreanischen Testgeländes Pyunggye-Ri eine Erschütterung der | |
| Stärke 5,3 registriert. Drei Stunden später kommt von nordkoreanischer | |
| Seite die offizielle Bestätigung: Ein „neu entwickelter Atomsprengkopf“ sei | |
| erfolgreich getestet worden, berichtet das Staatsfernsehen in den | |
| Mittagsnachrichten. Der Test erbringe den Beweis, dass Nordkorea in der | |
| Lage ist, „einen verkleinerten Atomsprengkopf auf eine Trägerrakete zu | |
| montieren“, zitiert der Nachrichtensprecher Nordkoreas amtliche | |
| Staatsagentur KCNA. Der Test erfolgte pünktlich zum 68. Geburtstag der | |
| Gründung der Demokratischen Volksrepublik Korea. | |
| Wie schwer die Detonation war – darüber gehen die Einschätzungen | |
| auseinander. Chinesische Medien berichten, die Detonation habe oberirdisch | |
| stattgefunden. Deswegen habe die Erde sehr viel stärker gebebt als bei den | |
| bisherigen vier Atombomben, die allesamt unterirdisch stattfanden. Die | |
| Explosion sei aber nicht viel stärker gewesen als beim Test im Februar | |
| 2013, beteuern die chinesischen Experten. Damals registrierten sie eine | |
| Detonationsstärke zwischen sechs und acht Tonnen. Erhöhte Radioaktivität | |
| haben die chinesischen Behörden bislang nicht gemessen. | |
| Das südkoreanische Verteidigungsministerium geht bei dem Test am Freitag | |
| von einer Sprengkraft von rund zehn Kilotonnen aus und spricht vom bislang | |
| „stärksten Atomwaffentest Nordkoreas“. Jeffrey Lewis vom Middlebury | |
| Institut Internationaler Studien in Kalifornien schätzt die Sprengkraft gar | |
| auf 20 bis 30 Kilotonnen. Das wäre stärker als die Bombe, die die USA im | |
| Zweiten Weltkrieg über Hiroshima abwarfen und mehr als 100.000 Menschen das | |
| Leben kostete. | |
| ## Region bald in „nuklearer Geiselhaft“ | |
| Neben Südkorea, Japan und den USA sind auch Russland und China verärgert. | |
| Die beiden letzten verbliebenen Staaten, die noch regelmäßig den Kontakt | |
| des ansonsten völlig abgeschotteten Landes pflegen, verurteilten den Test | |
| ebenfalls scharf. Peking hat eigenen Angaben zufolge auch eine Protestnote | |
| bei der nordkoreanischen Botschaft eingereicht – mahnt zugleich aber alle | |
| Beteiligte zur „Besonnenheit“. | |
| Experten weltweit gehen davon aus, dass es sich nur noch um Monate handeln | |
| wird, bis es Nordkorea tatsächlich gelingen wird, den technisch äußerst | |
| schwierigen Schritt, Mittelstreckenraketen auch atomar zu bestücken und | |
| abzufeuern. Die gesamte Region befindet sich dann in „nuklearer | |
| Geiselhaft“, befürchtet der japanische Nordkorea-Experte Narushige | |
| Michishita. | |
| So sehr China in Nordkorea noch immer einen Bruderstaat sieht und es vor | |
| allem verhindern möchte, dass die USA auf der koreanischen Halbinsel an | |
| Einfluss gewinnt – auch Pekings Verhältnis zur nordkoreanischen Führung ist | |
| äußerst angespannt. Erst zu Wochenbeginn feuerte Nordkorea drei | |
| Mittelstreckenraketen ab, die zwar allesamt ins Meer stürzten, aber eine | |
| Reichweite von über 1.000 Kilometer schafften. China hielt zur gleichen | |
| Zeit den G20-Gipfel in Hangzhou ab. Wu Riqiang, Nordkorea-Experte an der | |
| Pekinger Renmin Universität ist sich sicher: „Es handelte sich um eine | |
| Provokation, die sich eindeutig auch gegen China wendet.“ | |
| 9 Sep 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Felix Lee | |
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