# taz.de -- Video-Überwachung in Großbritannien: PR-Streit in vollen Zügen | |
> Labour-Chef Jeremy Corbyn veröffentlicht ein Video, das ihn auf dem Boden | |
> eines überfüllten Zugs zeigt. Der Zugbetreiber widerspricht. | |
Bild: Richard Branson is watching you: Jeremy Corbyn sucht einen Sitzplatz | |
Das konnte Richard Branson nicht auf sich sitzen lassen: Vergangene Woche | |
hatte Jeremy Corbyn, Chef der britischen Labour Party, ein Video | |
verbreitet, das ihn auf einer Bahnfahrt von London nach Newcastle auf dem | |
Boden sitzend zeigt. „Das ist ein Problem, das viele Passagiere jeden Tag | |
haben“, sagt Corbyn in dem Clip. „Heute ist der Zug völlig überfüllt.“… | |
gebe einfach nicht genug Züge, und die Fahrten seien unglaublich teuer. Er | |
plädiert zum Schluss dafür, den Personenverkehr wieder in die öffentliche | |
Hand zu geben. | |
Am Dienstag schlug Richard Branson, der schwerreiche Chef des Zugbetreibers | |
Virgin, zurück. Und wie! Seine Firma Virgin veröffentlichte Bilder, die die | |
Überwachungskameras aufgezeichnet hatten, um zu zeigen, dass Corbyn nach | |
dem Einsteigen sowohl an freien und nicht reservierten wie auch an | |
reservierten, aber nicht besetzten Plätzen vorbeigegangen sei – und sich | |
nach dem Dreh auf dem Boden des Zugs flink einen freien Platz gesucht | |
hätte. | |
Was zeigt die Wahrheit? Die Überwachungsbilder? Corbyns Aufnahmen? Corbyns | |
Team verteidigt sich, dass der Platz erst frei geworden sei, nachdem eine | |
Familie in die Erste Klasse gewechselt sei. | |
Was erstaunlicherweise überhaupt nicht diskutiert wird, ist die Frage, wie | |
redlich es ist, Überwachungsbilder als Beweise anzuführen? Es waren keine | |
Ermittler, die diese Bilder veröffentlichten, sie sind nicht Beweismaterial | |
in einem Gerichtsprozess, sondern ein Unternehmen hat hier einfach mal so | |
entschieden, Überwachungsbilder rauszuhauen, um einen PR-Kampf zu gewinnen. | |
In einem relativ lächerlichen Streit – denn dass britische Züge gern mal | |
gerammelt voll sind, weiß jeder. | |
Und niemanden scheint es zu stören. Dass man permanent gefilmt wird und der | |
Inhaber der Kamera auch gleichzeitig der Inhaber der Bilder ist und diese | |
veröffentlichen kann, wie er es möchte, wird nicht infrage gestellt. Das | |
ist noch viel gruseliger als die Privatisierung der Bahnstrecken. | |
24 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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