# taz.de -- Fest für Flüchtlinge auf Tempelhofer Feld: Willkommen, um zu blei… | |
> Am Samstag wird auf dem Tempelhofer Feld ein Willkommensfest für | |
> Flüchtlinge gefeiert. Eingeladen sind Neu- und Alt-BerlinerInnen. | |
Bild: Ein schöner Platz um anzukommen: Willkommenspicknick 2015 auf dem Tempel… | |
Unter Berliner Flüchtlingen hat das Wort Tempelhof einen abschreckenden | |
Klang. Keiner möchte in der Notunterkunft mit über 2.000 Plätzen auf engem | |
Raum leben müssen. Das Tempelhofer Feld dagegen ist Spielplatz und | |
Treffpunkt der Stadt – und an diesem Samstag zum zweiten Mal Ort für ein | |
großes Willkommensfest, bei dem sich Menschen aus Berlin, hierher | |
Geflüchtete und Zugezogene kennenlernen und gemeinsam essen, malen, Musik | |
hören und sich informieren können. | |
„Schön, dass ihr da seid – das ist das Signal, was wir mit dem Picknick an | |
die Flüchtlinge in der Stadt senden wollen“, sagt Oliver Rieger vom | |
Veranstalter-Team, einer Gruppe von Einzelpersonen, die sich im letzten | |
Spätsommer zusammen gefunden hat. „Auch als Gegenwind zu anderen | |
Ereignissen, wie der rassistisch motivierten Diskussion nach der Kölner | |
Silvesternacht oder den vielen Anschlägen auf Flüchtlingsheime.“ Mit dem | |
Bild eines gemeinsamen Festes wollen sie rechter Rhetorik etwas | |
entgegensetzen. | |
Das Picknick findet zum zweiten Mal statt, das Anliegen der Veranstalter | |
hat sich im Vergleich zum letzten Jahr verschoben: „Im ersten Jahr ging es | |
vor allem um das Ankommen, dieses Mal mehr ums Bleiben“, sagt Rieger. Die | |
Veranstalter haben daher vor allem Initiativen und Organisationen | |
eingeladen, die sich mit Integration befassen: Es gibt Infostände zur | |
medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, zu Bildungsangeboten wie der | |
Refugee-Academy, bei der Flüchtlinge Kurse in ihrer Muttersprache geben, zu | |
Vernetzung oder Kunst-Projekten. | |
Die seit letztem Sommer nach Berlin gekommenen Flüchtlinge sind der Anlass | |
für das Picknick, aber sie sollen ganz ausdrücklich nicht die einzigen | |
Gäste sein. Der Nachmittag soll nach Wunsch der Veranstalter vielmehr alle | |
ansprechen und Geflüchtete, Nichtgeflüchtete und Initiativen | |
zusammenbringen. „Mit den Infotischen wollen wir Flüchtlinge über Rechte | |
und Möglichkeiten informieren, aber wir wollen damit auch den Menschen, die | |
schon länger in Berlin leben, zeigen, wo und wie sie sich engagieren und | |
einbringen können“, erklärt Rieger. „Die Bereitschaft, sich zu engagieren, | |
ist weiterhin groß, aber teilweise fehlt es vielleicht an dem Wissen, was | |
man tun kann“, sagt er. Die Veranstalter wollen auch diejenigen erreichen, | |
die sich nicht sowieso schon engagieren, die sich vielleicht ein, zwei | |
Stunden in der Woche sich irgendwo einbringen möchten. | |
Aber vor allem, das betont Rieger immer wieder, soll das Picknick ein | |
Rahmen sein, in dem Begegnungen stattfinden und bei dem alle miteinander | |
einen schönen Nachmittag verbringen können – ohne Druck und irgendwelche | |
Anforderungen. Es soll einen Raum dafür bieten, dass Geflüchtete und | |
Berliner zusammenkommen und sich näher kennenlernen. Und einfach mal Alltag | |
miteinander verbringen können. | |
Denn obwohl Flüchtlinge in der öffentlichen Diskussion eine große Rolle | |
spielen, sind die Berührungspunkte im täglichen Leben noch immer gering. | |
Die Begegnung muss oft von beiden Seiten aktiv gesucht werden, es ist | |
leicht möglich, nebeneinander her zu leben. Engagement ist eben nur die | |
eine Seite: Sie unterstützt das Ankommen. Fürs Bleiben sind | |
gleichberechtigte Begegnungen und ein zusammen erlebter Alltag wichtig. | |
Konkret bedeutet das am Samstag vor allem gemeinsames Essen. „Alle | |
Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen gern Essen mitbringen, und gern viel, | |
es wird eine große gemeinsame Tafel geben, an der sich alle bedienen | |
können“, sagt Rieger. „Und das kostet nichts.“ | |
Außerdem gibt es eine Bühne, auf der unter anderem Fattouch auftreten | |
werden, eine Band, in der Musikerinnen und Musiker aus Syrien, Libanon, | |
Rumänien, Frankreich und Deutschland zusammenspielen. „Wir haben Bands | |
ausgewählt, in denen Geflüchtete mitspielen, die vielleicht | |
Identifikationsmöglichkeit für die Gäste sein können“, sagt Rieger. Im Ze… | |
kann den ganzen Tag über gemalt werden. Dort sind auch Bilder ausgestellt, | |
die Flüchtlinge in Tempelhof gemalt haben, es gibt ein Programm für Kinder | |
und Workshops, bei denen Schmuck gebastelt oder über die | |
Nachhaltigkeitsziele der UN diskutiert werden kann. | |
Und um das Kennenlernen zu befördern, können die Teilnehmerinnen und | |
Teilnehmer Briefe schreiben, die dann auf dem Fest ausgeliefert und | |
beantwortet werden können. Die Veranstalter wollen auch über den Tag hinaus | |
etwas bleibendes schaffen, sagt Rieger. „Vielleicht setzen sich diese | |
Brieffreundschaften ja auch nach dem Willkommensfest fort.“ | |
3 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Uta Schleiermacher | |
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