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# taz.de -- Boxerin und LGBT-Ikone Nicole Adams: Endlich auf der Sonnenseite
> Nicola Adams, erste Goldmedaillengewinnerin im Boxen, will erneut ganz
> groß zuschlagen. Mittlerweile hat sie auch gelernt, sich gut zu
> vermarkten.
Bild: Nicola Adams, bisexuelle Boxerin, kann Historisches schaffen
Rio de Janeiro taz | In der kleinen Olympiastadt Riocentro haben die
Veranstalter am Eingang einen Themenpark für die Zuschauer aufgebaut. Sie
können alle Sportarten, die hier von Profis in höchster Perfektion in den
verschiedenen Messehallen vorgeführt werden, selber ausprobieren. Man kann
Badminton spielen oder Tischtennis – oder man kann sich ein paar
Boxhandschuhe anziehen, die Boxbirne ein bisschen mit dem Handrücken
bearbeiten und sich dabei fühlen wie Sugar Ray Leonard.
Im Hintergrund stehen die bekanntesten Amateurboxer in Pappe. Klar, Nicola
Adams ist auch dabei. Und mit ihr die US-Amerikanerin Claressa Shields und
die Irin Katie Taylor. Ein paar Männer mit nacktem Oberkörper sind auch zu
sehen: der Thailänder Wuttichai Masuk zum Beispiel oder der Kubaner Arlen
López.
Nicola Adams gehört in diese Reihe, weil sie die erste Frau war, die eine
olympische Boxmedaille gewonnen hat, 2012 bei den Spielen in London. Und
weil sie auch eine Ikone der LGBT-Bewegung ist. Irgendwann hat sie mal
öffentlich gesagt, dass sie bisexuell ist. Das war für sie kein großes
Ding, sie hat es immer schon allen erzählt, die das wissen wollten; aber
mit so einem Statement in der Öffentlichkeit aufzutauchen, ist natürlich
etwas anderes. Aber in Rio will Adams erst mal boxen und gewinnen.
Sie will ihren Olympiasieg verteidigen, was erst einem britischen
Faustkämpfer gelungen ist: Mittelgewichtler Harry Mallin 1920 und 1924. Es
scheint fast eine ausgemachte Sache zu sein, dass es der 1,65 Meter großen
Athletin aus Leeds am heutigen Samstag gelingt, denn ihre bisherigen
Auftritte im Ring waren absolut überzeugend. Sie boxt am Samstag gegen die
Französin Sarah Ourahmoune um Gold (19 Uhr MESZ).
## Vielfach verbessert
Adams gewann zuerst gegen Tatjana Kob aus der Ukraine mit 3:0 und dann im
Halbfinale genauso klar gegen die Chinesin Cancan Ren. Die kennt sie unter
anderem aus ihrem Finalkampf in London. Die Chinesin wehrte sich am
Donnerstagabend nach Leibeskräften, aber Adams punktete klarer. „Ich habe
mich am Anfang ein bisschen zurückgehalten“, sagte Adams nachher, „sie ist
ja schließlich eine fünffache Weltmeisterin; diese Titel hat sie nicht
umsonst gewonnen.“
Doch ab Runde 2 – die Frauen boxen vier Runden à 2 Minuten, und sie tragen
im Gegensatz zu den Männern einen Kopfschutz – kam Adams immer besser
drauf. „Ich habe sie ausgeguckt, gefühlt, wo ich ansetzen muss.“ Im
Vergleich zu den Heimspielen 2012 habe sie sich noch mal in vielerlei
Hinsicht verbessert: „In den Bereichen Fitness, Technik, Geschwindigkeit
und Kraft.“ Diesmal plagte sie auch keine Handverletzung wie vor London.
Sie konnte problemlos trainieren.
Im Vergleich zu London geht sie viel mehr aus sich heraus. Von
Schüchternheit keine Spur mehr. Man sieht sie in diesen Tagen von Rio
eigentlich nur breit lächeln. Auf Twitter veröffentlicht die 33-Jährige
gern Sinn- und Motivationssprüche, und einer lautet: „Ein Tag ohne Lachen
ist ein vergeudeter Tag.“ Adams, das Fliegengewicht, gerade mal 51
Kilogramm schwer, spielt in Soaps und hat gelernt, sich zu vermarkten. Sie
ist auf der Sonnenseite des Frauenboxens angekommen, aber der Weg dorthin
war schwer. Die Reisen zu internationalen Turnieren musste sie oft aus
eigener Tasche bezahlen. Oder sie finanzierte die Tickets mit
Klempnerarbeiten.
In der merkwürdigen Boxwelt des Weltverbandes Aiba ist es nicht immer von
Vorteil, eine Frau zu sein, aber wenn es um offensichtlich verschobene
Kämpfe geht, dann sind die Männer eindeutig schlechter dran. Auch in Rio de
Janeiro wird das Boxturnier wieder von krassen Fehlurteilen überschattet.
„Wenn ich so etwas sehe, dann bekomme ich es regelrecht mit der Angst zu
tun“, hat Claressa Shields gesagt, die in der schwersten Gewichtsklasse bei
den Frauen boxt.
## „Sie sind verdammte Betrüger“
Der Ire Michael Conlan wütete nach seiner Viertelfinal-Niederlage im
Bantamgewicht gegen den Russen Wladimir Nikitin. Die Aiba sei von
Korruption durchzogen, rief er in ein Mikrofon am Ring. „Sie sind verdammte
Betrüger. Sie sind bekannt dafür, Betrüger zu sein. Amateurboxen stinkt von
Kopf bis Fuß.“ Er wolle unter diesen Umständen nie wieder abseits des
Profilagers boxen. „Wenn Menschen Olympia schauen und diese Entscheidungen
sehen … ich denke, Boxen ist tot.“
Nikitin, der angebliche Sieger, war von Conlan so vermöbelt worden – der
Russe trug zwei größere Cuts davon –, dass er am Donnerstagabend seinen
Halbfinalkampf gegen den US-Amerikaner Shakur Stevenson absagen musste. Der
Ami hat in Rio einen schlagkräftigen Motivationscoach: Floyd Mayweather,
einen der besten Boxer, die je einen Ring betraten.
Angeblich war auch der Kasache Wassili Lewit im Schwergewichtsfinale gegen
den Russen Jewgeni Tischtschenko überlegen, verlor aber einstimmig nach
Punkten. Die Aiba hat reagiert und etliche Wertungsrichter nach Hause
geschickt. Und der Exekutivdirektor des Weltverbandes, Karim Bouzidi, wurde
innerhalb der Aiba strafversetzt. Für den Rest der Olympischen Spiele
übernimmt Franco Falcinelli, Vizechef des Exekutivkomitees, die Aufgaben
von Bouzidi. Angaben zum Grund der Versetzung von Bouzidi machte die Aiba
nicht.
Nicola Adams weiß von keinem Kampf, bei dem sie krass benachteiligt wurde.
Ist auch schwierig. Sie ist offensichtlich meist die bessere Boxerin.
20 Aug 2016
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Boxen
Schwerpunkt LGBTQIA
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