# taz.de -- Intelligenz bei Raben: Von Raben und ihren Freunden | |
> Sie räumen in Parks die Mülleimer aus und ihr Geschrei nervt: Rabenvögel | |
> sind bei Menschen nicht beliebt. Doch sogar sie haben Freunde – und gar | |
> nicht wenige. | |
Bild: Als Kulturfolger kommen viele Rabenvogelarten, etwa Krähen, mit dem Stad… | |
Die Rabenvögel sind scheue, vorsichtige Vögel. Dass sie sich vermehrt in | |
den Städten ansiedeln, hat damit zu tun, dass die Dörfer sich der Natur | |
immer mehr verschließen, während die Städte sich ihr öffnen, wie der | |
Rabenforscher Josef Reichholf meint. Ihren schlechten Ruf haben die | |
„Unglücksvögel“ jedoch auch hier weitgehend behalten. Schon in der Bibel | |
werden sie als verschlagen dargestellt, später unterstellte man ihnen, | |
selbst Gehenkte und Gefallene nicht zu verschmähen. In seinem Gedicht „Die | |
Raben“ lässt Karl Kraus sie sagen: „Immer waren unsre Nahrung / die hier, | |
die um Ehre starben.“ | |
Es gibt aber auch immer mehr Leute, die ihre Freundschaft suchen. Die | |
Berliner Schriftstellerin Monika Maron gehört dazu. Wenn man ihrem Bericht | |
„Krähengekrächz“ (2016) folgt, hat sie sich dazu etwas ethologisch Neues | |
ausgedacht, das dem schnellen Ortswechsel dieser Vögel eher Rechnung trägt | |
als das traditionelle – ranschleicherische – bird-watching mit Fernglas, | |
Joseph-Beuys-Jacke und Hightechgerät. Zuerst lockte sie Nebelkrähen mit | |
Futter auf ihren Balkon, dabei tunte sie sich akustisch auf diese | |
Allesfresser ein. | |
Die Psychologin Susanne Studeny, die auf ihrer Internetseite | |
tiamat.at/Rabenvogel laufend über neues Rabenwissen berichtet, gibt zu | |
bedenken: „Die Berliner Raben sprechen wahrscheinlich einen anderen Dialekt | |
als z. B. die Wiener Raben! Das ist zumindest die Vermutung in der | |
aktuellen Forschung.“ | |
Maron jedenfalls gelangte zu der Erkenntnis: „Nicht ich kann mich mit einer | |
Krähe befreunden, sondern nur eine Krähe mit mir.“ Da sie viel besser sehen | |
können als wir, können sie uns unterscheiden, aber wir sie so gut wie gar | |
nicht. Eingedenk dessen kam Maron auf die Idee, dem blöden Glotzen der | |
Passanten zum Trotz täglich mit einem um sie herumfliegenden Trupp Krähen | |
in der Stadt spazieren zu gehen, wobei sie immer genügend Futter | |
dabeihatte. | |
Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz machte es so: Er zog 14 Dohlen groß, | |
gleich nachdem sie ausgeschlüpft waren. Weil sie dadurch auf ihn „geprägt“ | |
wurden, konnte er sie später frei fliegen lassen. Sie kamen immer wieder zu | |
ihm zurück – und ließen vieles mit sich machen. Er durfte sie jedoch nicht | |
packen, um sie etwa zu beringen – damit war er sofort ein „Dohlenfresser“ | |
und wurde angegriffen. | |
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26 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Helmut Höge | |
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