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# taz.de -- Kommentar Steuerdiskussion: Als wäre Scheel noch Präsident
> Ein nationaler Blickwinkel bringt in der Steuerdiskussion nichts. Der
> Überschuss sollte genutzt werden, um den ökologischen Umbau zu meistern.
Bild: Gut gefüllt: Doch wohin damit?
Das Steuersystem umzubauen, ist bekanntlich die politische Hölle. Senkungen
für die eigene Wahlklientel zu fordern, geht zwar immer, aber sobald das
Thema Umverteilung aufkommt, bricht der verbale Bürgerkrieg los. Der bleibt
im Moment aus, weil es nur darum geht, Überschuss zu verteilen: Der Staat
vermeldet insgesamt 18,5 Milliarden Haushaltsplus im ersten Halbjahr 2016.
Die Debatte, was damit zu tun ist, ist wichtig. Denn unabhängig davon,
woher der Geldregen kommt (Hauptgrund: niedrige Zinsen), lassen sich
Steuern in Überschusszeiten entspannter reformieren. Allerdings ist die
Diskussion gerade so vergilbt, als wäre Walter Scheel noch Präsident. Sie
muss raus aus dem nationalen Blickwinkel: Europa steht wegen seiner
ökonomischen Schieflagen mit Massenarbeitslosigkeit im Süden vorm
Zerbersten. Eine mögliche neue Banken- und Eurokrise ist nicht
ausgeschlossen. Unsere sozialen Sicherungssysteme sind auf Zinsen
angewiesen, die es langfristig nicht mehr gibt. Und Europa will bis Mitte
des Jahrhunderts seine Wirtschaft komplett ökologisch umkrempeln.
Das ist der Hintergrund, vor dem die Debatte über das Steuersystem geführt
werden muss. Zumindest für den letzten Punkt ist die Lösung leicht zu
benennen: Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft hat ausgerechnet,
dass Deutschland nur 4,6 Prozent seiner Staatseinnahmen über Steuern auf
Umweltbelastungen generiert.
Aber eine Debatte darüber, dass Benzinsteuern, Abgaben für CO2-Ausstoß oder
Flugsteuern erhöht werden müssen, dass das Dieselprivileg abgeschafft
gehört und dafür Sozialversicherungsbeiträge gesenkt –, die traut sich
schlicht niemand mehr. Man kann eine Mehrwertsteuer auch so gestalten, dass
Fleischkonsum verteuert und faire, regionale oder Bioprodukte gefördert
werden – aber die Konflikte wären enorm und austragen will sie niemand.
Für solche Reformen ließe sich ein Steuerüberschuss als Risikopuffer
verwenden, falls sich Einnahmen anders entwickeln als gedacht. Die andere
Priorität ist: Europa. Der deutsche Überschuss darf nicht unsere Arroganz
befeuern, den Rest des Kontinents zum Kürzen zu zwingen, obwohl der
Sparkurs die Volkswirtschaften im Süden zerstört. Zerbricht Europa daran,
können wir uns bald wieder herzhaft darüber streiten, wie die
Haushaltslöcher gestopft werden.
26 Aug 2016
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Steuersenkung
Haushalt
Steuersenkung
Union
Steuern
Eurogruppe
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