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# taz.de -- Japans Star-Ringerinnen bei Olympia: Eine Kampfarena im eigenen Haus
> Den Mattensport betreiben Frauen erst seit 2004 im olympischen Rahmen.
> Die erfolgreichsten Athletinnen in dieser Disziplin hat Japan.
Bild: Kaori Icho (r.), eine der Topringerinnen, ringt mit Aisuluu Tynybekova au…
Rio de Janeiro taz | Wenn man überlegt, wer von den Deutschen in den
klassischen olympischen Sportarten über echte Starqualitäten verfügt, dann
fallen einem nicht viele Namen ein. Die Hartings vielleicht. Paul
Biedermann irgendwie, aber bei ihm fehlen schon wieder die olympischen
Erfolge. Japan hat da weniger Probleme. Es gibt gleich mehrere olympische
Überflieger, den Turner Kohei Uchimura etwa, der in Rio auch seine Klasse
wieder unter Beweis gestellt hat – unter anderem mit dem Gold im
Mehrkampfeinzel.
Und dann sind da noch die Ringerinnen Kaori Icho und Saori Yoshida, die mit
einer gespenstischen Dominanz auf den Ringmatten dieser Welt ihre
Gegnerinnen schultern. Sonntag gaben sie in Rio eine Pressekonferenz, und
im Saal des Hauptpressezentrums, so schien es, war ein Gutteil der nach
Brasilien gereisten japanischen Journalisten versammelt. Icho, die Mittwoch
in den Wettkampf in der Klasse bis 58 Kilogramm einsteigt, und Yoshida
wollen, oh Wunder, wieder Gold gewinnen. Yoshida ringt in der Klasse bis 53
Kilogramm. Oder besser: Sie ringt dann wieder alle anderen nieder mit ihrem
aggressiven Stil.
Yoshida, 33, hat in ihrer Karriere von 266 Kämpfen 255 gewonnen. Auf
internationaler Ebene hat sie nur zweimal verloren – 2008, als damit eine
Siegesserie von 119 gewonnenen Kämpfen endete, und 2012. Yoshida hat 13
Weltmeistertitel hintereinander gewonnen.
Bei ihrer Landsfrau sieht das nicht anders aus: Icho, 32, verließ nach 222
von 229 Kämpfen als Siegerin die Matte. 13 Jahre lang war sie ungeschlagen.
Ihre WM-Bilanz: zehn Titel. Und dann kommt noch die imponierende olympische
Statistik hinzu. Icho wie auch Yoshida: Olympiagold 2004, 2008 und 2012.
Mehr geht nicht.
## Ringen stand vor dem Aus
Ringen hat Erfolgsgeschichten wie die der japanischen Stars dringend nötig,
denn die Sportart stand im Februar 2013 vorm olympischen Aus. Die Herren
der Ringe hatten den Daumen gesenkt, als es darum ging, über den wenig
zuschauerfreundlichen Sport ein Urteil zu fällen, dabei gehörte Ringen
schon in der Antike zum Programm und ist seit dem Start der olympischen
Neuzeit 1896 fester Bestandteil der modernen Spiele.
Das IOC überlegte ernsthaft, Ringen durch eine der folgenden Sportarten zu
ersetzen: Baseball/Softball, Klettern, Karate, Rollschuhsport, Squash,
Wakeboarden oder Wushu. Allein das Ansinnen war ein Schlag ins Gesicht der
Sporttraditionalisten.
Nach einer intensiven Werbekampagne, Unterschriftensammlungen und
sportpolitischen Aktivitäten, an denen auch Wladimir Putin und der frühere
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, ein ehemaliger Ringer, beteiligt
waren, entschied sich das IOC im Herbst 2013 dann doch für den
Traditionssport.
Mit 49 von 95 abgegebenen Stimmen setzte sich Ringen klar vor den
Mitbewerbern Baseball/Softball (24) und Squash (22) durch. Möglich wurde
das aber nur mit einem recht umfassenden Reformpaket, das die Ringer
schnüren mussten.
## Große Momente mit dem „Kran von Schifferstadt“
Der Serbe Nenad Lalovic, Chef des Ringerweltverbands United World Wrestling
(UWW), sagt: „Wir haben Fehler gemacht, wir haben zugehört, wir haben
gelernt. Und wir haben unsere Statuten demokratisiert.“ Jetzt wird in zwei
Runden à drei Minuten gekämpft. Die Fights werden nach Punkten und nicht
wie früher nach Runden entschieden. Und es gibt zwei olympische
Gewichtsklassen mehr für Frauen – auf Kosten der Männer, die jeweils eine
in den Sparten Griechisch-römisch und Freistil abgeben mussten. Das
Frauenringen sollte insgesamt gestärkt werden, weswegen es jetzt auch eine
Vizepräsidentin in der UWW-Exekutive gibt, die Russin Natalia Jarigujina.
Ob die Wiederaufnahme des Ringens in den olympischen Kanon gerechtfertigt
war, muss sich aber erst noch zeigen, denn wie der deutsche
Verbandsfunktionär Frank Heinzelbecker weiß, sind die Probleme nicht gerade
klein. „Die großen Momente des Ringens im Fernsehen waren vor Jahrzehnten,
1972, als Wilfried Dietrich, der ‚Kran von Schifferstadt‘, den 200 Kilo
schweren Amerikaner Chris Taylor schulterte, oder 1984, als Pasquale
Passarelli mit einer spektakulären Brücke die Niederlage im olympischen
Finale verhinderte“, so zur Erläuterung der an deutschen Ringern
orientierten Sicht.
Zuletzt gab es auch wieder etliche Dopingfälle, nicht zuletzt beim
deutschen Mannschaftsmeister ASV Nendingen. Funktionär Heinzelbecker durfte
sich am Dienstag immerhin über eine deutsche Ringermedaille freuen. Denis
Maksymilian Kudla gewann in der Klasse bis 85 Kilo (griechisch-römisch)
Bronze.
## Die Killerin und die Verschlossene
Das olympische Ringen hatte freilich schon immer seinen Reiz. Mit dem
Russen Alexander Karelin, dem US-Amerikaner Rude Janeiro mit dem
kubanischen 130-Kilo-Olympiasieger Mijian Lopez oder Abdulraschid Sadulajew
aus Russland.
Und natürlich mit Yoshida und Icho. Beide Kämpferinnen hatten Glück, dass
der japanische Verband schon in den achtziger Jahren auf Frauen-Ringen
setzte.
Yoshida fing bereits mit drei Jahren an, weil ihr Vater, Eikatsu Yoshida,
selbst ein in Japan erfolgreicher Ringer war. Im Haus baute der Vater eine
kleine Ringkampfarena auf, wo dann Sohn und Tochter rangelten. Auch Icho
kommt aus einer Ringer-Familie. Ihre ältere Schwester, Chiharu Icho, gewann
2004 und 2008 olympisches Silber.
Beide japanischen Stars des Frauenringens könnten verschiedener nicht sein.
Von Saori Yoshida heißt es, sie gehe auf die Matte, um ihre Gegnerinnen „zu
killen“, wie die US-Ringerin Adeline Gray einmal sagte. Kaori Icho dagegen
ist verschlossener. Vermarkter haben ihr den Namen „Samurai“ verpasst.
Wegen der inneren Stärke.
16 Aug 2016
## AUTOREN
Markus Völker
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