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# taz.de -- Rassismus in Ungarn: Proteste gegen verdienten Hetzer
> Der rechtsradikale Publizist Zsolt Bayer erhält den Ritterorden.
> Zahlreiche Preisträger geben deshalb ihre Auszeichnung zurück.
Bild: Roma-Siedlung außerhalb des Ortes Ozd, der nordöstlich von Budapest lie…
Budapest taz | „Als ich gehört habe, dass der rassistische, antisemitische
und antiziganistische, hetzerische Journalist Zsolt Bayer das Ritterkreuz
des ungarischen Verdienstordens bekommen hat, war ich geschockt“, sagte der
Künstler Péter Vladimir. Er war 2007 ebenfalls mit diesem Orden
ausgezeichnet worden. „Ich kann zwar nicht beeinflussen, wer diese
Auszeichnung bekommen darf, aber für mich ist klar, dass ich diese Ehre
nicht mit Bayer teilen möchte. Ich gebe meinen Orden zurück“, so Péter
Vladimir weiter.
Das passierte am 21. August, und damit einen Tag nachdem Bayer mit dem
Ritterkreuz ausgezeichnet worden war. Péter Vladimir sind bislang 58
bekannte Persönlichkeiten aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur,
Wissenschaft und Journalismus gefolgt.
Demgegenüber will János „Joka“ Daróczi, ehemaliger Redakteur der Sendung
„Roma Magazin“ im ungarischen staatlichen Fernsehen, seinen
Ritterkreuzorden behalten. „Stattdessen soll Bayer den Orden
zurückschicken“, schreibt er auf seiner Facebook-Seite.
„Zigeuner sind Tiere.“ –„Tiere, die nicht existieren dürfen.“ –„…
nicht hält und ein Zigeunerkind überfährt, dann macht er das genau
richtig.“ Das schrieb der rechtsextreme Autor 2006, nachdem Roma in dem
nordostungarischem Dorf Olaszliszka an dem Lehrer Lajos Szögi einen
Lynchmord begangen hatten. Szögi hatten ein Roma-Mädchen angefahren.
## Persönlichkeitsrechte verletzt
Auch für seine antisemitischen Angriffe auf Juden ist der umstrittene
Publizist bekannt. Als „gehirnamputierte, an Krätze leidende Idiotin“
verunglimpfte er die grüne Europaabgeordnete Ulrike Lunacek.
Wegen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte durch Bayers beleidigende
Aussagen im ungarischen TV klagte Lunacek gegen Bayer. Das Amtsgericht in
Budapest verurteilte ihn zu einer Geldstrafe in Höhe von 800 Euro.
Zsolt Bayer ist einer der bekanntesten Publizisten in Ungarn. Und er ist
einer der engsten Freunde von Regierungschef Viktor Orbán. Bayer gehört
auch zu den Mitbegründern der Regierungspartei Fidesz. 1990 bis 1993 war er
ihr Pressesprecher.
Jetzt arbeitet er bei der rechtspopulistischen Tageszeitung Magyar Hírlap,
die dem Milliardär Gábor Széles gehört. Széles und Bayer haben mehrmals
sogenannte Friedensmärsche organisiert, um Viktor Orbáns Anti-EU-Politik zu
unterstützen.
## EU-Gelder sind willkommen
„Wir werden keine Kolonie sein!“ – mit diesem Slogan wollen sie Ungarn vor
der EU schützen. Geld hingegen nimmt man aus Brüssel gern. So flossen zwei
Millionen Euro EU-Subventionen in ein Eisenbahnprojekt für Orbáns
Heimatdorf Felcsút.
Noch hält die Regierung zu Zsolt Bayer. Das Portal 444.hu fragte bei der
Regierung nach, mit welcher Begründung Zsolt Bayer am 20. August, dem
ungarischen Nationalfeiertag, ausgezeichnet wurde. Die Kanzlei des
Ministerpräsidenten antwortete: „Zsolt Bayer erhält das Ritterkreuz auf
Antrag der Gulag-Opfer und in Anerkennung seiner journalistischen
Tätigkeit.“
Der Fraktionssprecher der Fidesz, János Halász, verteidigte Bayer
ebenfalls. „Zsolt Bayer hat als Literat etwas vorzuweisen.“ Die
Auszeichnung von Bayer zurückzufordern wird die Regierung also nicht. Und
Bayer? Er werde den Orden nicht zurückgeben, sagte er der Zeitung
Népszabadság.
23 Aug 2016
## AUTOREN
Tibor Rácz
## TAGS
Ungarn
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Sinti und Roma
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Schwerpunkt Rassismus
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