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# taz.de -- Verband der Privatsender: Das passt ja bestens
> Der Verband der Privatsender bleibt in der Hand von RTL – auch weil
> ProSiebenSat.1 eine neue Strategie verfolgt. Geht da die Kontrolle
> verloren?
Bild: Bestimmt die Medienpolitik der Privaten fast vollständig allein: RTL
Kompromisskandidat, das klingt so schön konfliktfrei. Der Branchendienst
Horizont hat Hans Demmel [1][gerade so getauft]. Der Geschäftsführer von
n-tv soll der nächste Vorstandsvorsitzende des Lobbyverbands VPRT werden,
dessen Mission es ist, die Interessen der privaten Medien in der Politik
durchzusetzen (Verband Privater Rundfunk und Telemedien). Und in der
Landschaft der privaten Medienveranstalter sei die Personalie Demmel eben
eine, auf die sich alle Beteiligten einlassen könnten. Kompromiss eben.
Was so harmonisch klingt, hat allerdings einen strengen Blick verdient.
Sollte der VPRT-Vorstand den gelernten Journalisten Demmel im September an
die Verbandsspitze wählen, dann hätte es die Mediengruppe RTL geschafft:
Leute aus ihrem Stall würden weiterhin eine Schlüsselposition in der
Medienpolitik besetzen, schließlich ist n-tv der Nachrichtensender der
Kölner Mediengruppe. Die hält sich derzeit vornehm zurück und will die
Causa „Demmel“ ebenso wenig kommentieren wie er selbst und übrige
Beteiligte.
Eine andere, ebenfalls hochprominente Personalie ist keine zwei Monate alt:
Tobias Schmid, der bisherige Cheflobbyist von RTL, [2][übernimmt die
Leitung der nordrhein-westfälischen Landesanstalt für Medien] (LfM). Dieser
Seitenwechsel, für den das an dieser Stelle dürftige nordrhein-westfälische
Mediengesetz keine Karenzzeit vorsieht, hat praktisch keinen Aufschrei
ausgelöst. Nur die Grünen – und hier auch nur [3][eine Abgeordnete im
fernen Berlin] – rief, das sei „schwer nachvollziehbar und fragwürdig“.
Schmids radikaler Perspektivwechsel – den ihm indes auch Kritiker zutrauen
– löste eine Kettenreaktion aus. Weil Schmid seit knapp vier Jahren auch
Vorsitzender des VPRT war und diese Ämterhäufung alles andere als opportun
wäre, braucht der Lobbyverband einen neuen Kopf. Nun wird es – sehr
wahrscheinlich – eben wieder ein RTL-Manager.
## Wo bleibt ProSiebenSat.1?
Ein RTL-Mann wechselt zur mächtigsten Landesmedienanstalt der Republik,
dazu an der Spitze des Branchenverbands der Stabwechsel von RTL zu RTL – da
drängt sich eine Frage auf: Hat die andere der beiden großen
Privatsendergruppen, ProSiebenSat.1, keine Ambitionen mehr in der
Medienpolitik?
Schließlich war das mal anders: Mit Sat.1-Gründer Jürgen Doetz war die
VPRT-Spitze mal vom Münchner Konzern besetzt. Offiziell ist aus München
dazu nichts zu erfahren. Die Sache ist aber auch so klar: ProSiebenSat.1
entwickelt sich von einem Medien- zu einem Digitalkonzern. Erst vor wenigen
Tagen jubilierten die Münchner, als sie ihre jüngsten Geschäftszahlen
präsentierten: Man setze schon knapp jeden zweiten Euro jenseits des
TV-Geschäfts um, 44 Prozent. Zuletzt haben die Münchner beispielsweise
[4][das mächtige Vergleichsportal „Verivox“ gekauft].
So wie sich ProSiebenSat.1 geschäftlich breiter aufstellt, so ändert sich
auch die Lobbystrategie: Der Konzern ist auf Liberalisierung und
Deregulierung aus, während die Kölner Konkurrenz so wie auch der VPRT noch
immer mit sogenannten Anreizmodellen in der Medienpolitik liebäugeln – etwa
großzügigeren Werbemöglichkeiten oder einer besseren Platzierung in
elektronischen Programmführern gegen Regionalberichterstattung und
Nachrichten.
Letzteres hat ProSiebenSat.1 mit N24 längst abgestoßen. Will heißen:
ProSiebenSat.1 möchte in seiner Effizienzsucht keine Energie mehr darin
verschwenden, einen VPRT-Vorsitzenden zu stellen. Man gibt sich mit der
Leitung des Fachbereichs „Fernsehen“ im Verband zufrieden, der wiederum
nicht ganz unwichtig ist und vor allem: dezent im Hintergrund agiert.
Für RTL ist das bequem: Die Bertelsmann-Tochter kann die hiesige
Medienpolitik weiter unangefochten dominieren. Dazu passt auch eine weitere
Personalie: Wenn Schmid Ende des Jahres den Posten „Bereichsleiter
Medienpolitik“ der Kölner Gruppe verlässt, um bei der LfM fortan
Privatsender zu beaufsichtigen, übernimmt ein Bekannter seinen Posten:
Claus Grewenig, der bisher Geschäftsführer des VPRT war. In der
Privatsenderszene dürften sich Macher, Lobbyisten und Kontrolleure bald
besser verstehen denn je.
12 Aug 2016
## LINKS
[1] http://www.horizont.net/medien/nachrichten/VPRT-V-TV-Chef-Hans-Demmel-kandi…
[2] /!5312728/
[3] http://tabea-roessner.de/2016/05/20/bock-zum-gaertner/
[4] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/vergleichsportal-pro-sieb…
## AUTOREN
Daniel Bouhs
## TAGS
RTL
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Privatsender
Medienregulierung
Medienpolitik
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