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# taz.de -- Naturkunde-Museum in Berlin: T. Rex in Tusche
> Gleich mehrere Künstler experimentieren im Berliner Naturkundemuseum mit
> Dinoknochen. Und hauchen ihnen so neues Leben ein.
Bild: „Neue Perspektiven auf naturkundliche Sammlungen und Forschung eröffne…
Nicht erst seit der Ankunft von „Tristan“, dem schwarzen Tyrannosaurus rex,
zählt das Museum für Naturkunde zu den meist besuchten Ausstellungsorten in
Berlin. Bereits der Lichthof bietet einen spektakulären Blick auf das
weltweit größte aufgebaute Dinosaurierskelett, einen Brachiosaurus brancai.
Vorbei an der Feuchtsammlung befinden sich im hinteren Saal 8 seit einer
Woche, zwischen Vogelpräparaten platziert, nun auch zwei größere
Zeichenzyklen des 1965 in Peru geborenen Künstlers Fernando Bryce, die eine
aufschlussreiche Verbindung zu dem Brachiosaurus und zur
Sammlungsgeschichte des Museums herstellen.
Entstanden sind diese analytischen Bildserien anlässlich des von der
Kulturstiftung des Bundes mit initiierten Modellprojekts „Kunst/Natur“, das
zum zweiten Mal Künstler verschiedener Disziplinen zu Interventionen im
Museum für Naturkunde eingeladen hat, um „neue Perspektiven auf
naturkundliche Sammlungen und Forschung zu eröffnen“.
Für Fernando Bryce ist die Zeichnung ein hervorragendes Medium zur
künstlerischen Auseinandersetzung mit Geschichte. Für seine Serie „Auf
frischer Tat“ recherchierte er in Archiven und Bibliotheken über
naturkundliche Unternehmungen, deren Protagonisten und über ihre medialen
Darstellung zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
## Tendaguru-Expedition
Dazu gehörten unter anderem Berichte und Abbildungen der
„Tendaguru-Expedition“, die in der damaligen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“
(1909–1913) den im Berliner Museum für Naturkunde ausgestellten
Brachiosaurus entdeckte. Aus dem vielfältigen Material – Anzeigen,
Fotografien, Zeitungsartikel, Buchtitel – fertigte Bryce detailreiche und
präzise Tuschezeichnungen an, die in Beziehung zueinander gesetzt mit
leichter Geste komplexe Fragen nicht nur zur Provenienz eines
Dinosaurierknochens erörtern.
Seine zweite Serie, „Paradoxurus adustus“, die sich aus verschiedene
Schriftbildern zusammenfügt, handelt von dem Bemühen um Systematik und
Klassifizierung naturkundlicher Sammlungen. Ausgangspunkt dieser Arbeit war
der zufällige Fund einer Schachtel mit handbeschrifteten Etiketten für
Schränke und Objekte im Bestand des Museums.
Fernando Bryce vergrößerte diese mit zarten Farbrändern versehenen
Handschriften als Siebdruck. Hinterindien, Ceylon, Zoologischer Garten – in
Verbindung mit den von ihm gezeichneten historischen Inventarlisten
entsteht daraus ein Bild von der Welt zusammengefügt aus dem Vokabular der
Naturkunde.
An ausgewählten Orten innerhalb der Sammlung des Museums stellt zeitgleich
das Berliner Klangkünstlerduo Serotonin fünf akustische Dioramen vor. Diese
Schaukästen, die wie beleuchtete Bühnenmodelle wirken, illustrieren die
einzelnen Kapitel ihres Hörspiels: Heimat, Ordnung, Afrika, Höhle,
Wissenschaft. Ähnlich wie Bryce in „Auf frischer Tat“, wählte auch
Serotonin die Verbindung naturkundlicher Sammlung und deutscher
Kolonialgeschichte um 1900 in Afrika als Thema ihrer narrativen
Sound-Installation.
## Glückliche Synergien
Obwohl es zwischen den eingeladenen Künstlern keinerlei Absprache gab,
ergeben sich durch die zufällige thematische Überschneidungen doch
glückliche Synergien. Inspiriert von den Exponaten der Mineralienabteilung
entwickelten Marie-Luise Goerke und Matthias Pusch, alias Serotonin die
fiktive Geschichte über den Fund eines schwebenden Steins 1884 in
Südwestafrika. „Parcours durch das Himmelsmeer. Oder: Der Levitit“ erzählt
von dem jungen Van Berg, der im Auftrag des zukünftigen Kaiser Wilhelms zu
einer glücklosen Expedition aufbricht.
Wenn sich im alltäglichen Trubel um Tristan & Co. im Museum für Naturkunde
die notwendige Ruhe für den Hörparcours des Künstlerduos nicht recht
einstellen mag, dann kann man Van Bergs kurzweiligen Abenteuern auch nach
dem Besuch entspannt zu Hause als Streaming folgen.
3 Aug 2016
## AUTOREN
Eva-Christina Meier
## TAGS
Naturkundemuseum
Provenienzforschung
Dinosaurier
Schwerpunkt taz Leipzig
Dada
Schwerpunkt Erster Weltkrieg
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