| # taz.de -- Konsequenzen aus dem Brexit: CDU und SPD streiten um die Lösung | |
| > Schäuble kritisiert die EU-Investitionspläne von Gabriel. Er will dagegen | |
| > zwischenstaatliche Verhandlungen auch ohne die Führung der EU-Kommission | |
| > durchsetzen. | |
| Bild: Welche Pläne für die EU werden sich durchsetzen können? | |
| Berlin dpa | Die Bundesregierung steckt nach dem Brexit-Votum mitten in | |
| einem Grundsatzstreit über den Weg aus der Krise Europas. So warnte | |
| Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Koalitionspartner SPD vor | |
| falschen Weichenstellungen. In der Welt am Sonntag widersprach er | |
| sozialdemokratischen Forderungen, mit mehr staatlichen Investitionen das | |
| Wirtschaftswachstum in Europa anzukurbeln. Es könne nicht angehen, „die | |
| falsche Idee“ wieder zu beleben, „dass man mit neuen Schulden Wachstum auf | |
| Pump erzeugt. (…) Als ließen sich Probleme einfach wegkaufen.“ Signale für | |
| einen neuen EU-Wachstumspakt für mehr soziale Gerechtigkeit kommen auch von | |
| SPD-Chef Sigmar Gabriel. | |
| In der Frage, wie die EU nach dem britischen Ausstiegsbeschluss jetzt | |
| weitermachen soll, nahm Schäuble den SPD-Außenminister ins Visier. Das von | |
| Frank-Walter Steinmeier organisierte Außenminister-Treffen der sechs | |
| EU-Gründerstaaten kurz nach dem Brexit-Votum vom 23. Juni habe nur zu | |
| Verstimmungen geführt. „Es ist nach dem Treffen genau das geschehen, was | |
| viele im Vorfeld befürchtet haben. Diejenigen Staaten, die nicht zu dieser | |
| Gruppe gehören, waren verunsichert und haben sich ausgeschlossen gefühlt.“ | |
| Es gelte alles zu unterlassen, „was die Kluft zwischen alten und neuen | |
| EU-Mitgliedern vergrößert“. | |
| Steinmeier sprach am Wochenende selbst die Befürchtung an, dass Deutschland | |
| in der EU als zu dominant angesehen werde. Der Deutschen Welle sagte er: | |
| „Wir haben immer wieder die Gleichzeitigkeit – von der Erwartung an | |
| Deutschland, aber auch von der Befürchtung, dass Deutschland zu stark wird | |
| in Europa.“ Deshalb dürften die kleineren Mitgliedsstaaten nicht | |
| überfordert werden – geichzeitig müssten sie immer wieder mit einbezogen | |
| werden. | |
| Schäuble plädierte in dem Interview für „Schnelligkeit und Pragmatismus“ | |
| bei der Lösung von Problemen in Europa – notfalls auch ohne Führungsrolle | |
| der EU-Kommission in Brüssel. „Wenn die Kommission nicht mittut, dann | |
| nehmen wir die Sache selbst in die Hand, lösen die Probleme eben zwischen | |
| den Regierungen.“ | |
| ## Probleme schnell lösen | |
| Außerdem brachte der Finanzminister erneut die Idee eines Europas der | |
| unterschiedlichen Geschwindigkeiten ins Spiel: „Wenn nicht alle 27 von | |
| Anfang an mitziehen, dann starten halt einige wenige.“ Die EU müsse „jetzt | |
| vor allem bei einigen zentralen Problemen zeigen, dass sie diese schnell | |
| lösen kann. Nur so werden sich die Leute überzeugen lassen und wieder | |
| Vertrauen fassen.“ Neben der Flüchtlingskrise nannte Schäuble den Kampf | |
| gegen die Jugendarbeitslosigkeit. | |
| Eine bessere EU-Politik mit Blick auf die hohe Erwerbslosigkeit unter | |
| jungen Menschen forderte am Samstag auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU). In | |
| ihrem Video-Podcast sagte sie, nötig seien Veränderungen „bei den Angeboten | |
| für die Jugend“. Die Kanzlerin nannte als Schwerpunktthemen der EU | |
| „Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätze, Wachstum“, innere und äußere | |
| Sicherheit, die Terrorismusbekämpfung und den Schutz der europäischen | |
| Außengrenzen. | |
| SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte bei einer Konferenz seiner Partei in Berlin, | |
| das Votum der Briten gebe die Chance, Europa so zu verändern, dass es | |
| wieder mehr Zustimmung erhalte. Der Vizekanzler kritisierte Pläne für | |
| härtere Sparauflagen in notleidenden Ländern. Die EU sei zunehmend | |
| gespalten in den ärmeren Süden und den reicheren Norden. Die einen | |
| verstünden die EU als „Zwangsjacke“, die anderen müssten verstehen, dass | |
| wachsender Druck nichts bewirke. | |
| Der Wirtschaftsminister hatte am Donnerstag bei einem Treffen mit dem | |
| linken griechischen Regierungschef Alexis Tsipras mehr Wachstumsimpulse für | |
| EU-Krisenländer gefordert. „Wir haben gerade gesehen, arme Leute stimmen | |
| für Out“, sagte Gabriel mit Blick auf das Brexit-Votum. In der Neuen | |
| Osnabrücker Zeitung plädierte er zudem für eine kleinere EU-Kommission: | |
| „Ein Europa, in dem 27 Kommissare sich beweisen wollen, macht keinen Sinn. | |
| Auch hier tut eine Verschlankung gut.“ | |
| 3 Jul 2016 | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Brexit | |
| Schwerpunkt Brexit | |
| EU | |
| Wolfgang Schäuble | |
| EU-Kommission | |
| Sigmar Gabriel | |
| Schwerpunkt Brexit | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Schwerpunkt TTIP | |
| Schwerpunkt Brexit | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Europa-Debatte der SPD: Genossen ohne Fehl und Tadel | |
| In Berlin diskutiert die Parteispitze über die Herausforderungen der EU – | |
| und sieht in allem nur ein Verständnisproblem bei den Wählern. | |
| Kurswechsel in der SPD: Plötzlich links | |
| Vizekanzler Sigmar Gabriel will sich von der Kanzlerin absetzen und die EU | |
| sozialer gestalten. Aber wer nimmt ihm das ab? | |
| Streit um Freihandelsabkommen Ceta: Europa im Hauruckverfahren | |
| Die EU-Kommission will, dass das Freihandelsabkommen nicht von den | |
| nationalen Parlamenten ratifiziert wird, sondern nur vom Europaparlament. | |
| EU-Gipfel in Brüssel: Auch Europa vertagt den Brexit | |
| Die EU will mit Austrittsverhandlungen warten. Neue Visionen für Europa | |
| schiebt sie ebenfalls auf. Vor allem die deutsche Kanzlerin bremst. |