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# taz.de -- De-Professionalisierung im Sozialbereich?: „Einfallstor zur Abwer…
> Weil Sozialarbeiter händeringend gebraucht werden, will Niedersachsen die
> Anerkennung für Sozialarbeiter erleichtern.
Bild: Kann eben nicht jeder: Eine Sozialarbeiterin spielt mit der fünfjährige…
HAMBURG taz | Mit der Nachfrage steigt auch der Preis – diese alte
Marktregel scheint nicht für den Bereich der Sozialen Arbeit zu gelten.
Denn während es im Zuge der steigenden Zahlen ankommender Flüchtlinge in
vielen Einrichtungen an SozialpädagogInnen und SozialarbeiterInnen
mangelt, brütet das niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und
Kultur an einem neuen Gesetz, das die bisherige staatliche Anerkennung für
diese Berufsgruppe ändern soll. Die Hochschulen befürchten eine Abwertung
des Berufsstands und ein Absenken der qualitativen Standards.
Um auf die größere Nachfrage an Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt zu
reagieren, will das Wissenschaftsministerium zusätzliche Möglichkeiten für
die Anerkennung von SozialpädagogInnen und SozialarbeiterInnen schaffen. So
steht es in dem der taz vorliegenden Gesetzentwurf des Ministeriums, der
die Anerkennung von Berufsqualifikationen auf dem Gebiet der Sozialen
Arbeit, der Heilpädagogik und der Kindheitspädagogik neu regeln soll.
Besonders strittig ist die Passage, die die staatliche Anerkennung als
SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen auch für AbsolventInnen nicht
näher benannter „eng verwandter Studiengänge“ vorsieht.
„Die Formulierung ‚eng verwandt‘ ist in diesem Zusammenhang ein Einfallst…
zur Abwertung des Studiums und zur De-Professionalisierung des
Berufsfeldes“, befürchten Rat und Leitung des Fachbereichs Soziale Arbeit
und Gesundheit an der Hochschule Emden/Leer. In ihrer Stellungnahme
begrüßen sie zwar, dass das Ministerium den Fachkräftemangel „erkannt hat
und diesbezüglich aktiv wird“. Doch er sehe darin keine geeignete Maßnahme,
ihm zu begegnen. „Vielmehr ist zu befürchten, dass die hier vorgeschlagenen
Seitenwege zur Erlangung der staatlichen Anerkennung zu einer
einschneidenden Absenkung der berufsqualifizierenden Standards führen“,
heißt es da.
Auch bei den anderen von der Neuregelung betroffenen Hochschulen stößt der
Vorschlag auf wenig Gegenliebe: Christof Schmitt vom Institut für
Sozialarbeit und Sozialpädagogik der Leuphana Universität in Lüneburg hält
die Zulassung auch anderer Studienabschlüsse für die staatliche Anerkennung
„sowohl berufspolitisch wie auch fachlich für einen gravierenden
Rückschritt“. Der Entwurf stehe unter dem Eindruck der Hochphase der
Flüchtlingsmigration. Doch hier habe sich in den vergangenen Monaten
bekanntlich einiges geändert.
Frank Bettinger, Professor an der Hochschule Fresenius in Hamburg und
Gründer des Arbeitskreises Kritische Soziale Arbeit, sieht das Problem
darin, dass auch AbsolventInnen anerkannt werden sollen, die eben nicht
Soziale Arbeit studiert haben. „Gefolgt wird hier der Logik, wonach Soziale
Arbeit doch eigentlich jede/r machen kann“, sagt Bettinger. Damit ziele das
Ministerium auf eine De-Professionalisierung.
Christof Schmitt von der Uni Lüneburg schlägt vor, statt bei den
beruflichen Standards an einer anderen Stellschraube zu drehen: „Den Mangel
an akademisch gut ausgebildeten Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern zu
beseitigen, wäre vielmehr eine zentrale Aufgabe der
Landeshochschulplanung“, sagt er. „Es müssen einfach mehr Studienplätze in
diesem Bereich geschaffen werden.
Bis zum heutigen Mittwoch haben die niedersächsischen Hochschulen,
Berufsverbände und Gewerkschaften noch Gelegenheit, zu der Vorlage Stellung
zu nehmen. „Die Auswertung steht noch aus“, sagt die Sprecherin des
Ministeriums für Wissenschaft und Kultur, Julia Gypas. Entsprechend dem
Ergebnis werde das Ministerium entscheiden, wie es weitergeht.
12 Jul 2016
## AUTOREN
Lena Kaiser
## TAGS
Sozialarbeit
Arbeitsmarkt
Sozialarbeit
Flüchtlinge
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Gegenliebe.
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