| # taz.de -- Journalismus mit der Crowd: Korrespondentinnen der Masse | |
| > Lisa Altmeier und Steffi Fetz recherchieren im Auftrag. Mit | |
| > „Crowdspondent“ waren sie in Japan und Brasilien. Jetzt ist Deutschland | |
| > dran. | |
| Bild: Lisa Altmeier (r.) und Steffi Fetz fragen: „Deutschland, was ist los mi… | |
| Irgendetwas hat sich verändert, dachten sich die Journalistinnen Lisa | |
| Altmeier und Steffi Fetz, als sie 2015 nach drei Monaten Recherche aus | |
| Japan zurückkamen. Nicht speziell in diesen drei Monaten, aber der Abstand | |
| zu Deutschland hat bei den beiden Fragen aufgeworfen. | |
| Warum schreien sich so viele Menschen in den Kommentarspalten im Netz an? | |
| Warum wollen in ihrem Umfeld – junge, gut ausgebildete Erwachsene – nicht | |
| mehr Menschen miteinander über Politik diskutieren? „Es kann doch nicht | |
| sein, dass ein Jahr vor der Bundestagswahl politische Themen unter jungen | |
| Leuten nicht mehr zur Sprache kommen“, sagt Steffi Fetz. Der Himmel scheint | |
| sich verfinstert zu haben. Deutschland, was ist los mit dir? | |
| Dieser Frage wollen Altmeier und Fetz nun journalistisch nachspüren. 11.500 | |
| Euro haben sie mit einer Crowdfundingkampagne gesammelt, ab Herbst sollen | |
| innerhalb eines halben Jahres zehn Videoreportagen entstehen. | |
| Seit drei Jahren berichten Lisa Altmeier und Steffi Fetz als | |
| „[1][Crowdspondent]“. Ihre Auftraggeber sind keine Redaktionen, sondern | |
| ihre ZuschauerInnen und LeserInnen selbst. Per Facebook, Twitter oder per | |
| Mail können alle, die wollen, Rechercheaufträge erteilen. | |
| ## 2014 war die Stimmung noch gut | |
| Drei große Recherchereisen haben die beiden Journalistinnen auf diese Weise | |
| bestritten: 2013 durch Brasilien, vergangenes Jahr durch Japan, und | |
| dazwischen waren sie auch schon drei Monate in Deutschland unterwegs. | |
| „Damals waren die Leute aber noch gut drauf: Die Nationalmannschaft hat die | |
| WM gewonnen, die wirtschaftliche Situation war gut. Jetzt ist die Stimmung | |
| aggressiver“, sagt Lisa Altmeier. | |
| Was kommt dabei raus, wenn das Publikum selbst darüber entscheidet, was | |
| berichtet werden soll? Kleine Fragen, große Fragen. Vielleicht nicht immer | |
| das, was in Redaktionskonferenzen aufkommt: Wie sehen die Favelas in Rio | |
| aus? Wie lebt es sich mit Borderline? Oder: Pennen wirklich so viele | |
| Japaner in der U-Bahn? | |
| „Journalisten denken bei Themen oft: Das wissen doch schon alle, warum | |
| sollen wir wieder etwas dazu machen?“, sagt Lisa Altmeier. Ob und wie viel | |
| in der Vergangenheit bereits über ein Thema berichtet wurde, ist für die | |
| beiden nicht entscheidend.Wer sich ihren aktuellen Imagefilm ansieht, denkt | |
| vielleicht: Da fehlt etwas. Wichtige Schlagworte, die mit dem | |
| gesellschaftliche Klima und dem Hass in sozialen Netzwerken in Verbindung | |
| gebracht werden, tauchen nicht auf – „Lügenpresse“ oder „Flüchtlingsk… | |
| „Wir wollten bewusst offenlassen, was das Thema ist“, sagt Lisa Altmeier. | |
| Am Ende entscheidet ihr Publikum über die konkreten Inhalte ihrer | |
| Recherche. | |
| ## Positives Feedback | |
| Was würde passieren, wenn zum Beispiel rechte Blogs ihr Projekt | |
| unterwandern? Wenn der ganze Hass auch in ihre Kommentarspalten schwappt? | |
| „Dann werden wir das so dokumentieren und darüber berichten“, sagt Steffi | |
| Fetz. Auch das könne ein gutes Ergebnis ihre Experiments sein. | |
| Altmeier und Fetz arbeiten überwiegend als Fernsehjournalistinnen. Ihre | |
| letzten drei Reisen wurden sehr positiv von der Branche begleitet. 2013 | |
| wählte sie das Medium Magazin unter die 30 vielversprechendsten | |
| JournalistInnen unter 30 Jahren. Spiegel und Zeit berichteten, sie | |
| erhielten einen Buchvertrag. | |
| Verglichen damit bewegen sich Altmeier und Fetz derzeit eher in der Nische. | |
| Jedes Jahr ist ihr Publikum gewachsen, aber mit rund 1.300 Followern auf | |
| Twitter und 2.200 Facebook-Freunden ist ihre Crowd relativ überschaubar. | |
| Doch genau auf dieses Publikum wird es ankommen, sonst bleibt am Ende nur | |
| eine vage Ahnung davon, was sich tatsächlich verändert hat in Deutschland. | |
| 12 Jul 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://crowdspondent.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Amna Franzke | |
| ## TAGS | |
| Crowdfunding | |
| Online-Journalismus | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| Schwerpunkt Überwachung | |
| Krautreporter | |
| Online-Journalismus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Arte-Dokudrama zu Olympia 1936: Was für ein Albtraum | |
| Das Dokudrama „Der Traum von Olympia – Die Nazi-Spiele von 1936“ nervt | |
| leider mit schlimmen Dialogen und spröder Erzählweise. | |
| Tracking auf Nachrichtenseiten: Das Lesen der Leser | |
| Onlinejournalismus hat ein Problem: die Werbung. Mit ihr sammeln | |
| Trackingsysteme Daten über das Leseverhalten der Besucher von Newsportalen. | |
| Krautreporter online: Experimentiert wird mit der Crowd | |
| Die Krautreporter sind online. Mit ordentlichen, aber nicht besonders | |
| originellen Geschichten. Die Reparatur des Onlinejournalismus ist das noch | |
| lange nicht. | |
| Auslandsreportagen im Netz: Mal wieder wird die Crowd gebraucht | |
| Das digitale Magazin „Sieh die Welt“ will multimedial erzählen. Der | |
| Anspruch großer, poetischer Stücke wird jedoch kaum erfüllt. |