# taz.de -- Neubau des Kunstmuseums in Basel: Die cleanen Transiträume | |
> Das Kunstmuseum Basel spielt international in der 1. Liga. Warum beim | |
> coolen Neubau mehr Entspanntheit gutgetan hätte. | |
Bild: Außen wie innen sehr kühl: der dringend notwendige Neubau am Kunstmuseu… | |
Zu einer Reise nach Basel gehört für Kunstfreunde unbedingt ein Besuch im | |
Kunstmuseum der Stadt. Ganz gleich, ob eine herausragende Sonderausstellung | |
zu sehen ist oder nicht. Allein das Flanieren durch die ständige Sammlung | |
ist immer wieder aufs Neue eine große Freude, da das Haus eigentlich nur | |
Meisterstücke besitzt. | |
Vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart reicht das Spektrum der Exponate, von | |
Hans Holbein dem Jüngeren über Paul Cézanne bis Rosemarie Trockel. Andere | |
Häuser mögen über noch größere Sammlungen verfügen und mehr mediale | |
Aufmerksamkeit gewinnen. Im Reigen der ersten Museumsliga spielt das | |
Kunstmuseum Basel trotzdem mit, und es steht für garantierte Solidität. | |
Mit umso größerer Spannung wurde die Eröffnung des Neubaus im Frühjahr | |
dieses Jahres erwartet. Da der Altbau von 1936 für die Präsentation der | |
eigenen Bestände und wechselnde Ausstellungen längst zu klein geworden war, | |
bedurfte es dringend einer Erweiterung. Schon 1980 war das Museum für | |
Gegenwartskunst am St. Alban-Rheinweg eingerichtet worden. Es liegt etwa | |
fünf Minuten zu Fuß vom Hauptgebäude entfernt und ist der zeitgenössischen | |
Kunst gewidmet. | |
Was bislang also fehlte, war ein adäquater Ort für große | |
Wechselausstellungen und thematische Sammlungspräsentationen. Dank der | |
Basler Mäzenin Maja Oeri, die sowohl den Baugrund als auch die Hälfte der | |
Bausumme von 100 Millionen Schweizer Franken stiftete, stehen dem Haus nach | |
dreieinhalbjähriger Bauzeit nun insgesamt rund 10.000 Quadratmeter | |
Ausstellungsfläche zur Verfügung. | |
## Kontrapunkt zu den Trends | |
Aus der Ferne wirkt der Neubau gegenüber dem Haupthaus wie ein Monolith aus | |
grauen Wasserstrichziegeln. Genau das ist auch beabsichtigt. Die jungen | |
Basler Architekten Emanuel Christ und Christoph Gantenbein zielen auf | |
maximale architektonische Präsenz ab. Damit stellt sich das Büro bewusst | |
gegen Tendenzen im Museumsbau, semiöffentliche Orte im urbanen Raum zu | |
schaffen. | |
Der konzeptionelle Anspruch, sich breiten Publikumsschichten zu öffnen und | |
flexibel auf gesellschaftliche und künstlerische Strömungen zu reagieren, | |
soll ansonsten oft auch architektonisch Ausdruck finden. Der Basler Neubau | |
hingegen schirmt sich ab. Einzig ein ebenerdiges Fenster gewährt Einblick | |
ins Innere des massiven Kunstbunkers. | |
Sehr zurückgenommen gestaltet ist der Eingang, der sich nahtlos in die | |
Fassade einfügt und seine Funktion nicht zu erkennen gibt, wenn das riesige | |
Tor aus feuerverzinktem Stahl geschlossen ist. Kaum ansprechender gestaltet | |
sich der Zugang über zwei unterirdische Säle, die den Altbau mit dem Neubau | |
verbinden und den Charakter von Transiträumen besitzen. | |
In dem einem stehen lediglich zwei Skulpturen von Bruce Nauman, wie | |
zufällig abgestellt; im anderen wurden zwei Überformate von Sol LeWitt und | |
Frank Stella geparkt. Ebenso großzügig ist der eigentliche Eingangsbereich | |
mit der Kasse und einem Katalogstand gestaltet. Er nimmt fast das gesamte | |
Erdgeschoss ein. | |
## Kampf gegen die Dominanz | |
Die kühle Anmutung des Äußeren findet ihre Entsprechung in der | |
Ausgestaltung des Foyers und des mächtigen Treppenhauses. Grauer Kratzputz | |
schmückt die Wände und grauer Carrara-Mamor verkleidet die Treppen und | |
Brüstungen. Kontrastierend zu den gediegenen Baustoffen wählten die | |
Architekten feuerverzinkte Handläufe, Saaltore und Blechverkleidungen vor | |
den Aufzügen. | |
Für Wechselausstellungen sind die beiden Obergeschosse vorbehalten, die auf | |
flexible Wandsysteme verzichten. Zum Auftakt richtete der scheidende | |
Direktor Bernhard Mendes Bürgi die Übersichtsschau „Sculpture on the Move“ | |
ein, die exemplarisch die Entwicklung der Skulptur vom Ende des Zweiten | |
Weltkriegs bis heute darstellt. | |
An der Auswahl der Exponate gibt es nichts zu mäkeln. Allerdings zeigt sich | |
gleich zu Beginn, was die Crux der neuen Ausstellungsräume ist und womit | |
die ausgestellte Kunst auch zukünftig zu konkurrieren hat: mit der | |
architektonischen und materiellen Dominanz. | |
Dazu trägt zum einen die aufdringliche Rasterung des Industrieparketts, zum | |
anderen die von rippenartigen Betonelementen eingebettete LED-Beleuchtung | |
bei. In ihrer streng linearen Ausrichtung erinnern sie zwar an die | |
Lichtgestaltung im Altbau, doch vielmehr noch an das Schaulager in Basel | |
und den neuen Showroom bei Vitra in Weil am Rhein, die beide von Herzog & | |
de Meuron geschaffen wurden. Erklärtermaßen gehört das Spiel mit Referenzen | |
an den Altbau zum Konzept, um die Einheit der beiden Gebäude zu betonen. | |
Ein wenig mehr Entspanntheit hätte hier aber sicher gutgetan. | |
13 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Markus Weckesser | |
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