# taz.de -- EMtaz: Die Probleme der DFB-Elf: Mehr Experimente wagen | |
> Gegen defensive Gegner tut sich Löws Mannschaft bei dieser EM bislang | |
> schwer. Warum machen es dieselben Spieler beim FC Bayern besser? | |
Bild: Fünf Neue gegen Nordirland? Eher unwahrscheinlich | |
Genervt sind die Spieler der deutschen Nationalelf. Allen voran Thomas | |
Müller, der nicht verstehen will, warum der Leistungsstand des Teams vor | |
der so wichtigen letzten Gruppenpartie gegen Nordirland (Dienstag, 18 | |
Uhr/ARD) derzeit ausschließlich am Torerfolg gemessen wird. Dabei kennen | |
doch gerade die Spieler des FC Bayern das zur Genüge: Gegner, die sich mit | |
allen Kräften am eigenen Strafraum verschanzen. Die ewige Suche nach der | |
einen Lücke in diesem Dickicht. Und die maßlose Kritik, wenn es dann mal | |
nicht geklappt hat mit dem eigenen Tor. | |
Diese extremen Erwartungen wurden beim FC Bayern in der Ära von Pep | |
Guardiola oft aufs Spektakulärste erfüllt. In schöner Regelmäßigkeit | |
feierte der Rekordmeister seine Kantersiege. Bei der DFB-Elf hakt es jedoch | |
seit dem Gewinn der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren. | |
Was ist da los? Warum harmonieren die seit Jahren miteinander spielenden | |
Müller, Mesut Özil, Toni Kroos und Co. nicht mehr so erfolgreich wie | |
früher? Warum nimmt der FC Bayern nach wie vor seine Gegner auseinander, | |
die DFB-Elf aber nicht mehr? Glaubt man Thomas Müller, dann hat die | |
Nationalmannschaft ein Personalproblem, das sich nicht lösen lässt. | |
Nach der torlosen Begegnung gegen Polen erklärte er: „Um so ein | |
Abwehrbollwerk zu knacken, haben wir in Deutschland nicht so die | |
Eins-gegen-eins-Spieler wie beim FC Bayern. So ein Spieler fehlt | |
vielleicht, aber den können wir nicht herzaubern.“ Vermutlich denkt er | |
dabei an Douglas Costa oder Kingsley Coman, beide pfeilschnell und | |
dribbelstark, die bei den Bayern in die Fußstapfen von Franck Ribéry und | |
Arjen Robben treten sollen. Doch auf solche Verstärkungen über den | |
Transfermarkt konnte das DFB-Team auch in der Vergangenheit nicht | |
zugreifen. | |
## Überraschungen sind bei Löw nicht zu erwarten | |
Bei Nationalmannschaften ist stets Improvisationskunst im Bereich der | |
beschränkten eigenen Möglichkeiten gefragt. Schwer wiegt deshalb der | |
Verlust von Philipp Lahm, der nach der WM 2014 seinen Rücktritt erklärte. | |
Beim FC Bayern stärkt er nach wie vor hinter Thomas Müller die rechte Seite | |
und schaltet sich wirkungsvoll ins Angriffsspiel ein. Löw dagegen muss Lahm | |
durch Benedict Höwedes ersetzen – eher eine Mangelverwaltungsmaßnahme als | |
Improvisationskunst. Vorwerfen kann man das dem Bundestrainer nicht. | |
Anders dagegen verhält es sich im Spiel nach vorn. Löw scheint darauf zu | |
vertrauen, dass die einst funktionierenden Mechanismen wieder greifen. Die | |
Gegner haben aber das Spiel der Deutschen studiert und Antworten gefunden. | |
Das erfordert eine Weiterentwicklung der eigenen Möglichkeiten. So wie im | |
Jahr 2014 Guardiola auf die schmerzliche Halbfinalniederlage in der | |
Champions League gegen Real Madrid (0:4) reagierte und das gleichförmige | |
Angriffsspiel des FC Bayern variantenreicher gestaltete. Weite Flanken etwa | |
galten nicht mehr als Tabubruch. | |
Löw, der auch mit einer klugen Übersetzung von Guardiolas Ideen auf die | |
Verhältnisse der Nationalmannschaft seine Elf zum Weltmeistertitel führte, | |
versteht sich selbst als Freund des variantenreichen Spiels. Er war stets | |
aufgeschlossen gegenüber vielversprechenden Erneuerungen. Mit dem Erfolg | |
scheint aber auch bei ihm die konservative Ader stärker hervorzutreten als | |
je davor. Die Spieler seiner Wahl sind allen bekannt. Überraschungen in der | |
Startelf, wie man sie bei den Franzosen erlebt, gibt es bei ihm nicht. | |
Mehr Mut zum Experimentieren würde man Löw schon wünschen. Das könnte auf | |
das ganze Ensemble vitalisierend wirken. Gegen die sich einigelnden | |
Nordiren wäre Joshua Kimmich möglicherweise die bessere Wahl auf der | |
rechten Außenverteidigerposition. Pep Guardiola hat übrigens in der gerade | |
abgelaufenen Saison auch Sicherheitsüberlegungen hinten angestellt und dem | |
21-jährigen gelernten Mittelfeldspieler eine wichtige Rolle in der Abwehr | |
zugewiesen. | |
21 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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