# taz.de -- EMtaz: Vorrundenbilanz der DFB-Elf: Mach ma rein, ey! | |
> Auf jeden Vorwurf – defensiv zu schlecht, offensiv zu harmlos – findet | |
> das deutsche Team auf dem Platz eine Antwort. Ein Manko bleibt aber. | |
Bild: Thomas Müller schießt – und trifft wieder nicht | |
PARIS taz | Mario Gomez nutzte [1][die Gunst der Stunde] für einen Appell. | |
Nach seinem gewinnbringenden Treffer gegen Nordirland setzte er in den | |
Katakomben des Prinzenparkstadions von Paris auch noch ein möglichst | |
gewinnbringendes Lächeln auf und erklärte: „Wir sollten wieder mehr Fan | |
dieser Mannschaft werden und nicht immer wieder aufs Neue nach dem | |
Schlechten suchen.“ | |
Er outete sich [2][nach dem 1:0-Erfolg], der gleichbedeutend mit dem | |
Gruppensieg war, als einer der größten Fans dieser deutschen | |
Nationalmannschaft. Für dieses Team, sagte er, sei immer alles möglich. | |
Mit diesen Worten wollte Gomez sich nicht auf eine PR-Assistenzstelle bei | |
Teammanager Oliver Bierhoff bewerben, sondern vielmehr der nächsten | |
aufkeimenden Debatte die Grundlage nehmen. Über die geringe Torausbeute | |
trotz fast schon unzähliger guter Gelegenheiten mochte sich der 30-Jährige | |
gar nicht weiter auslassen. | |
Dass seit Beginn der EM so erregte öffentliche Diskussionen über deutsche | |
Problemzonen auf dem Fußballfeld geführt werden, ist aber – anders als es | |
Gomez vermutet – eher ein Zeugnis davon, wie viele Anhänger die deutsche | |
Nationalmannschaft hat, deren exorbitante Erwartungen enttäuscht wurden. | |
Nach dem [3][ersten Spiel gegen die Ukraine] hieß es: Mit dieser Defensive | |
kann man keinen Titel gewinnen. Nach dem zweiten gegen Polen war klar: wer | |
so wenige Chancen herausspielt, muss bald nach Hause fahren. Und nach dem | |
Spiel gegen Nordirland treibt diese Ineffizienz von Thomas Müller (zweimal | |
das Torgestänge) oder Mario Götze vielen die Sorgenfalten auf die Stirn. | |
## Kleine positionelle Verschiebungen | |
Die Debatten haben alle ihren berechtigten Kern, sie werden nur mit einer | |
jeweils so grundsätzlichen Brisanz aufgepumpt, dass die Bestandsaufnahmen | |
wie überzeichnete Karikaturen wirken. Im DFB-Lager zeigte das Wirkung. | |
Recht dünnhäutig präsentierte man sich zuletzt wegen der Kritik. | |
Man könnte die Vorrunde der Deutschen in der Tat auch als einen | |
stufenweisen Lernprozess deuten. Stach in einem Spiel eine Schwachstelle | |
ins Auge, so war sie im nächsten schon nicht mehr zu sehen. In diesem Sinne | |
blickt Gomez am Dienstagabend aufs Achtelfinalspiel am Sonntag in Lille: | |
„Wir hatten heute viele Chancen. Der nächste Schritt ist nun, sie | |
reinzumachen.“ | |
Besonders aber [4][bei der Partie gegen Nordirland] konnte man einen | |
Entwicklungssprung beobachten. Zum einen eröffnete Löw mit seinem Mut, den | |
unerfahrenen Joshua Kimmich auf die rechte Außenverteidigerposition zu | |
beordern, dem Offensivspiel der Deutschen eine neue Perspektive. Zum | |
anderen aber, und das war mindestens ebenso wichtig, löste er mit ein paar | |
kleinen positionellen Verschiebungen die bisherige Blockade im | |
Kombinationsspiel des Teams. | |
Thomas Müller rückte mehr ins Zentrum, was ihm offensichtlich gefiel: „Ich | |
war näher an der Gefahrenzone.“ Weil Gomez die Stoßstürmerrolle übernahm, | |
durfte Götze auf der linken Seite ein wenig nach hinten rücken, was diesem | |
ebenfalls sehr zusprach. Er fühle sich dort wesentlich wohler, ließ er | |
wissen. Wobei er nicht nur wegen seiner vergebenen Großchancen etwas | |
glücklos agierte. Der größte Profiteur des verbesserten Angriffsspiels aber | |
war Mesut Özil. Aus Löws Sicht lag das weniger an den Verschiebungen als an | |
den guten Laufwegen seiner Mitspieler in die Tiefe. „Dadurch ist Özil | |
besser zur Geltung gekommen“, konstatierte er. | |
## Albanien? Slowakei? | |
Die verbesserten Laufwege, das höhere Tempo und das bessere Passspiel seien | |
ausschlaggebend gewesen. Auf diesen Dreisatz brachte Löw das verbesserte | |
Auftreten im letzten gegnerischen Drittel. Mit Vorsicht allerdings | |
begegnete er der Frage, inwieweit seine Aufstellung Modellcharakter für die | |
kommenden Spiele haben könnte. | |
Für die nächste Partie wäre diese schon übertragbar, wenn man bei möglichen | |
Gegnern wie Albanien oder der Slowakei auf einen sehr defensiv stehenden | |
Gegner träfe. Auf weitergehende Gedankenexperimente ließ er sich lieber | |
nicht ein. Gomez zeigte ein weiteres Mal, dass er ein durchaus begrenztes | |
Rollenrepoirtiere hat. Seine Passgenauigkeitsquote (78 Prozent) fiel weit | |
vom Durchschnitt ab (92 Prozent). Aber er stand wieder einmal im richtigen | |
Moment an der richtigen Stelle. Und weil er sich mit seiner Position im | |
Strafraumzentrum sehr verbunden fühlt, half er auch seinen Mitspielern. Löw | |
hob hervor, dass er damit die beiden Innenverteidiger sehr beschäftigt und | |
anderen Räume verschafft habe. | |
Im Unterschied zu Mario Gomez empfand der Bundestrainer jedoch die | |
mangelnde Effizienz vor dem gegnerischen Tor nicht als Petitesse. „Zur | |
Halbzeit hätten wir 3:0 oder 4:0 führen und dann den ein oder anderen | |
Spieler schonen können.“ Das wäre durchaus weit über das Spiel hinaus von | |
Vorteil gewesen. | |
22 Jun 2016 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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