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# taz.de -- EMtaz: Kolumne Passivsport: Geht mir nicht auf die Klötze!
> Die Bildauswahl der EM-Regisseure ist ein Ärgernis. Es ist Fußball
> gemacht von Leuten, die kein Fußball gucken, für Leute, die kein Fußball
> gucken.
Bild: Trifft sicher eine bessere Bildauswahl als die Uefa: Ex-Schiedsrichter Pi…
Manchmal schämt man sich ja für seine Gefühle. Ich zum Beispiel schäme mich
dafür, dass ich immer, wenn ich bei dieser EM den Ex-Schiedsrichter
Pierluigi Collina auf seinem Fahrrad sehe, den Wunsch nicht unterdrücken
kann, ihn vom selbigen zu treten. Ich würde während des satten Tritts
brüllen: „Das ist hier kein Radweg!“ Er würde sich aufrappeln und hektisch
nach einer Roten Karte suchen, um mich dauerhaft von diesem Turnier
auszuschließen.
Aber es ist leider nur ein Wunsch, ein Gefühl. Niemand tritt nach Collina.
Er radelt weiter und sieht wieder und wieder und wieder die Jugendlichen
mit dem nigelnagelneuen original Adidas Match Ball („Beau Jeu“) auf einem
nigelnagelneuen Bolzplatz kicken. Er grinst zufrieden, dass sich die jungen
Leute – einige von ihnen offensichtlich sogar mit Migrationshintergrund und
einige von ihnen offensichtlich sogar weiblich – auch dann noch gut
verstehen, wenn sie sich kurz zuvor die Schienbeine poliert haben.
Ich ertrage diesen Spot schon nach zehn Tagen nicht mehr. Ich wünschte mir,
das Foul des einen Spielers hätte zu einer schönen Massenschlägerei
geführt, Collina hätte abgewunken und wäre kopfschüttelnd weitergefahren.
Tja, passiert leider alles nicht. Warum? Erstens: weil nicht jeder Wunsch
in Erfüllung geht. Zweitens: weil es bei großen Fußballturnieren zwar für
jeden Mist, der mit Werbung und Sponsorenplatzierung zu tun hat, Regeln
gibt, aber die wichtigste Vorgabe immer wieder vergessen wird: Geht dem
Zuschauer nicht auf die Klötze!
## Von vergessenen Fehlpässen und Fouls
Apropos Gehen auf Klötzen: Was haben eigentlich die Regisseure der
internationalen Regie gemacht, bevor sie bei dieser EM zu diesem für sie
offensichtlich neuartigen Sport namens Fußball gekommen sind? Mindestens so
sehr, wie es mich als ARD- oder ZDF-Verantwortlicher genervt hätte, dass
Hooligans, Flitzer und Pyro ausgeblendet wurden, würde ich vor Scham im
Boden versinken, welch unterirdische Auswahl die Regieverantwortlichen
treffen, wenn es um Wiederholungen geht.
Beispiel eins: Ivan Rakitics 2:0 für Kroatien gegen Tschechien war zwar
ganz hübsch, aber die entscheidende Szene war der vorherige katastrophale
Fehlpass von Roman Hubník. Es dauerte eine Fußballlivespielewigkeit, ehe
auch die Regie das merkte, und die Torwiederholung um den Fehlpass
erweiterte.
Beispiel zwei: erste Hälfte, Portugal gegen Österreich. Vermeintliches Foul
an einem Österreicher, noch ein vermeintliches Foul an einem Österreicher,
es wird hitzig, dann wird der Portugiese Cristiano Ronaldo gefoult – und
der Schiedsrichter pfeift sofort Freistoß. Nun möchte jede Zuschauerin und
jeder Zuschauer wissen, ob die beiden Szenen Sekunden vorher nicht auch
Fouls waren. Ob es hier mit rechten Dingen zuging. Die internationale Regie
wird diese zwei Szenen im ganzen Spiel nicht mehr zeigen.
Fußball im Fernsehen ist Drama. Es folgt eigenen Regeln. Ein Regisseur kann
während eines Livespiels Emotionen herauskitzeln: Freude, Wut,
Verzweiflung. Alles mit der passenden Montage. Er KANN, wenn er sein
Handwerk versteht.
Die von der Uefa können es nicht. Sie zeigen immer nur das
Offensichtlichste: vom Schiedsrichter gepfiffene Fouls, große Torchancen,
Abseitsstellungen, Tore – und Zuschauerinnen. Es ist Fußball gemacht von
Leuten, die kein Fußball gucken, für Leute, die kein Fußball gucken.
Leute, die diese Art von Fußballübertragung mögen, mögen auch: den
Werbespot mit Pierluigi Collina in der Langversion auf uefa.com (inklusive
Auftritt von David Guetta). Viel Spaß!
21 Jun 2016
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
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