# taz.de -- EMtaz: Gruppe B England – Wales: „Bring your vodka and your cha… | |
> Koks, Alk, Achtelfinale? Vardy und Sturridge retten England drei Punkte. | |
> Davor ließ Torhüter-Klischee Joe Hart einen Bale-Freistoß ins Tor. | |
Bild: Bestellt schon mal Vodka-Charlie für das Achtelfinale: James Vardy | |
Die Startbedingungen: Ein rein britisches Duell: Die Waliser treten gegen | |
die Engländer an. Der Turnier-Brexit ist in beiden Fällen jedoch eher | |
unwahrscheinlich. Die Waliser haben dank ihrem Vorzeige-Rennpferd Gareth | |
Bale [1][ihr erstes Spiel gegen die Slowakei mit 2:1 gewonnen], also schon | |
drei Punkte eingetütet. Die Engländer fingen sich in der Schlussphase gegen | |
Russland ein unnötiges Kopfballtor [2][zum 1:1] und haben deswegen bislang | |
nur einen Punkt. Dafür sind sie heute gegen den kleinen Nachbarn Favorit. | |
Abgesehen vom Vorzeige-Pitbull mit Kneipenschlägergesicht, Wayne Rooney, | |
handelt es bei den Engländern um eine junge und hungrige Mannschaft. Die | |
erste Halbzeit im ersten Spiel gegen Russland haben Sterling, Lallana und | |
Kane klar dominiert. Nur blöd, dass sich die Engländer noch mit dem | |
Schlusspfiff von den Russen ein Gegentor einschenken ließen. Oder wie es | |
eine Pub-Bekanntschaft aus Manchester beim Schauen des Spiels gegen | |
Russland auf den Punkt brachte: „typical England“. | |
Anders Wales: Gareth Bale ist eine Mischung aus Zuchtbulle und Speedy | |
Gonzales. Er hat zwar seinen Wohnsitz im spanischen Madrid, ist aber im | |
ersten Spiel gegen die Slowakei zum Volkshelden geworden. Mal wieder. Er | |
erzielte das erste walisische Tor bei einer EM überhaupt. Außerdem gibt es | |
bei den Walisern noch Aaron Ramsey vom FC Arsenal. Rest der Mannschaft: | |
egal. Trotzdem ist das Achtelfinale nicht unrealistisch. Rock on! | |
Das Vorurteil: Auf dem Rasen ist nur Kick and Rush zu sehen. Auf den Rängen | |
Prügeleien. Aber alle singen währenddessen sehr schön: „Ohne Briten wär | |
hier gar nichts los!“ Egal, was passiert, es wird nach dem Spiel jede Menge | |
Folklore geben. Wer auch immer gewinnt, erhält auch das Recht, den | |
Unterlegenen auf ewig in Pubs bei einem abgestandenem, warmen Ale zu | |
foppen. | |
Das Spiel: Die Engländer drehen frei wie Frühpubertäre auf Klassenfahrt: | |
Kane schickt Lallana, der auf Sterling flankt. Aber der hat entweder Angst | |
vor der eigenen Courage oder zu viel Erdbeersekt getrunken: jedenfalls | |
vergeigt er seine Chance. Eingeschüchtert stellen die Engländer danach | |
jegliche Außenaktivitäten ein und ziehen sich zum Mau-Mau-Spielen auf ihr | |
Mehrbettzimmer mit Stockbetten zurück. | |
Schnarch. Huch: Der geneigte Fußballgucker wacht kurz aus dem | |
Nachmittagstief auf, als ein Waliser Verteidiger den Ball im eigenen | |
Strafraum leicht mit der Hand tuschiert. Ein Versehen. Sah trotzdem wie ein | |
Elfer aus. Dr. Med. Wurst, äh, Felix Brych pfeift allerdings nicht. Die | |
Engländer beschweren sich vergeblich. Als wenn sie den gemacht hätten. | |
Aus der Kategorie „typical England“: Bale bekommt in der 42. Minute einen | |
Allerwelts-Freistoß aus über 30 Metern. Denkt sich: „Den bring ich jetzt | |
einfach mal aufs Tor. Steht ja nur ein Engländer drin.“ Frech. Dann macht | |
er die Schublade mit den Vorurteilen über englische Torhüter auf und steckt | |
Joe Hart da rein. 1:0. Kick in the balls. Danach Pausentee. Mit einem | |
Tröpfchen Milch. | |
In der zweiten Halbzeit wechselt England-Trainer Roy Hodgson endlich James | |
Vardy vom Überraschungsmeister Leicester City ein. Der 28-Jährige darf das | |
erste Mal EM spielen. Ist ihm jedoch komplett egal, Nervosität ist ihm | |
jedenfalls nicht anzumerken. Aber er ist ja auch nicht mehr in der | |
Pubertät. Er läuft er auf das Feld, knäuelt sich im Strafraum in einen | |
Menschenpulk und macht in der 56. das Tor, weil er einfach goldrichtig | |
steht. 1:1! Riesen-Geschichte. | |
Danach ist die Partie so lecker wie Minced-Meat-Eintopf mit | |
Pfefferminzsoße, der deutlich zu lange gekocht hat. Aber immerhin gibt es | |
einen deliziösen Nachtisch: Daniel Sturridge, ebenfalls zur Halbzeit | |
gekommen, erlöst England mit einem unfassbar glücklichem Tor: 2:1. In der | |
92. Stochert einfach den Ball rein. Football, bloody hell. Ergebnis: | |
England 2, Wales 1. | |
Der Spieler des Spiels: James Vardy. Kurzbiografie in Fan-Chant-Form: | |
„Jamie Vardy’s havin’ a party, bring your vodka and your charlie!“ Mit | |
letzterem dürfte Koks gemeint sein. Bekannt ist neben exzessiven | |
Freizeitgewohnheiten auch dafür, dass er nach einer Schlägerei eine Zeit | |
lang Fußfesseln tragen musste und trotzdem weiterspielte. Long story short: | |
Vardy kickte sich als „working-class-hero“ von der achten Liga bis zum | |
Meister und Fast-Torschützenkönig der Premier League. Und jetzt ist er der | |
Steigbügelhalter für das Achtelfinale. | |
Die Pfeife des Spiels: Dr. Felix Brych. Der Grund lässt sich mit Copy and | |
Paste schreiben: In der ersten Hälfte gab es einen Handelfmeter für die | |
Engländer, den Brych nicht gegeben hat. In der zweiten Hälfte gab es einen | |
Handelfmeter für die Engländer, den Brych nicht gegeben hat. | |
Das Urteil: Schön gesungen haben sie alle. Prügeleien war nicht zu sehen | |
(Dank an die Uefa-Bildregie) und das Spiel war lange unattraktiv und zäh. | |
Surprise, surprise. In der zweiten Halbzeit haben Sturridge und Vardy | |
allerdings das Spiel gedreht. Der Waliser kann einem nur leid tun, | |
allerdings freuen wir uns auf die Kneipenschlägerei zwischen Rooney und | |
Vardy. | |
16 Jun 2016 | |
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## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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