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# taz.de -- Labour-Streit nach Brexit: Der Kampf um Corbyns Kopf
> Die Basis steht hinter Jeremy Corbyn. Anders in seiner Fraktion: Dort hat
> der Labour-Chef am Dienstag die Rechnung für den Brexit bekommen.
Bild: Corbyns Groupies jubeln. In seiner Labour-Fraktion fragt keiner mehr nach…
LONDON taz | Der britische Labour-Chef Jeremy Corbyn hat eine
Vertrauensabstimmung in seiner Parlamentsfraktion verloren. 172
Labour-Abgeordnete stimmten am Dienstag gegen und nur 40 für ihn, wie
britische Medien meldeten. Das Votum ist nicht bindend. Dennoch wird
erwartet, dass er nun als Chef der größten britischen Oppositionspartei
infrage steht.
Doch die Parteibasis geht für ihn auf die Straße. Der Platz vor dem
Parlament füllt sich mit Menschen. Selbstgemachte Plakate mit Slogans wie
„Keep Corbyn“ und „Hands off our Corbyn“! werden hochgehalten. Einige L…
tragen Designer-Outfits, Dandyvollbärte, andere blau oder grün gefärbtes
Kopfhaar, auf vielen roten T-Shirts prangt die Aufschrift Momentum. Die
meisten hier sind 30 Jahre alt oder jünger.
Anders John, 75. Auf seinem roten T-Shirt steht: „Jeremy Corbyn for Labour
Leader“ (Jeremy Corbyn als Labourchef). John bezeichnet den rechten Flügel
der Labourpartei als Verräter, der gerade gegen jenen Mann zu putschen
versuche, der von 100.000 Labour-Mitgliedern zum Vorsitzenden gewählt
wurde.
Viele Parteikollegen halten Corbyn vor, nicht entschieden genug für den
Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union gekämpft zu haben. Rund
40 Mitglieder von Corbyns innerem Kreis sind inzwischen zurückgetreten. Die
Parteirebellen hoffen, dass ein Misstrauensvotum am Dienstagabend in der
Fraktion der Labourpartei Corbyn zur Aufgabe zwingt. Doch bislang gibt sich
Corbyn unbeeindruckt von dem Streit. Er will an seinem Posten als
Labourchef und Oppositionsführer festhalten. Die Bewegung Momentum hat zur
Kundgebung am Parliament Square aufgerufen, um ihre Solidarität mit Corbyn
zu demonstrieren.
Auf dem Podium der Kundgebung, einem umfunktionierten alten Feuerwehrwagen,
erklingt eine Rede nach der anderen im Sinne der Unterstützer „Jes, we
can!“ und „Tories Out, Corbyn In!“. Tosh McDonalds, der langhaarige
Präsident der Eisenbahnergewerkschaft, ergreift das Wort und feuert das
Publikum mit rauer Rockerstimme an. Er fordert eine Renationalisierung der
Eisenbahn, der Bergwerke und anderer Dienstleistungsunternehmen, welche die
Tories privatisiert haben.
## Corbyns Kritiker werden übertönt
Jo Breeze, 34, mit ihrem sieben Monate alten Baby im Arm, und Ehemann
David, 33, stehen etwas abseits. „Ich wollte unbedingt meine Unterstützung
für Corbyn zeigen, die einzige linksgerichtete Stimme der Politik im Land“,
sagt sie. Ohne Corbyn als Parteiführer würden sie die Labourpartei
verlassen, meint sie. Die Kritik an Corbyn, nicht genug für den Verbleib in
der EU getan zuhaben, sei Unsinn. 63 Prozent der Labourwähler hätten für
die EU gestimmt, sagt sie.
Doktorand und Labourmitglied Lee Butcher, 24, aus Woolwich ist einer der
wenigen, die anders denken. In der Hand hält er mutig ein selbstgemaltes
Plakat mit den Worten „Tritt zurück!“. Corbyn habe den Brexit zu
verantworten. Zudem könne er Leute vom Lande nicht auf seine Seite ziehen.
Doch er kommt nicht weiter zu Wort, denn die Menge wird wieder lauter, laut
Veranstalter sind es inzwischen 10.000 Menschen.
Der Finanzminister in Corbyns Schattenkabinett, John McDonnell, erscheint
und erinnert daran, dass Corbyn mit dem größten Mandat in der
Parteiengeschichte Großbritanniens gewählt wurde. Bei Neuwahlen zum
Parteiführer werde Corbyn sich wieder stellen, und er, McDonnell, werde ihn
unterstützen.
Nach über einer Stunde steigt Jeremy Corbyn selbst im dunklem Anzug und
weißem Hemd auf das Feuerwehrauto. „Kurz nachdem ich die Wahl gewonnen
hatte, sprach ich hier an dieser Stelle über Flüchtlinge“, beginnt er, und
ruft alle auf, sich vereint gegen Rassismus zu stellen. „Wir müssen uns
gegenseitig respektieren, auch wenn wir nicht übereinstimmen, und dürfen
anderen nicht erlauben, uns zu spalten.“ Keine Abrechnung, sondern eher die
Rede eines anständigen Mannes vor jubelnden Anhängern.
28 Jun 2016
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
## TAGS
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Jeremy Corbyn
Labour Party
Großbritannien
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