# taz.de -- Buch „Kokain-Meere“: Fisch auf Drogen | |
> Die mexikanische Journalistin Ana Lilia Pérez untersucht die Strukturen | |
> des internationalen Kokain-Handels. Ganz besonders im Fokus: die Häfen. | |
Bild: Es ist echt | |
Ob auf U-Booten, auf Fischtrawlern oder auf Handelsfrachtern, auf | |
klapprigen Kähnen oder auf hochmodernen Kreuzfahrtschiffen – es gibt wohl | |
kein Wasserfahrzeug, auf dem nicht Kokain geschmuggelt wird. Selbst auf | |
Schulschiffen der spanischen Marine und Seglern des kolumbianischen | |
Militärs entdeckten Zollfahnder das gewinnbringende weiße Pulver. Versteckt | |
in doppelten Böden, gefrorenen Fischen oder schlicht in Containern lagern | |
oft Hunderte von Kilogramm der Droge, und es fällt schwer, auch nur einen | |
einzigen Hafen zu finden, den Schmuggler nicht als Durchgangsort für Kokain | |
nutzen. | |
Diesen Eindruck vermitteln jedenfalls die Recherchen der mexikanischen | |
Autorin Ana Lilia Pérez. Praktisch kein Land und keine Hafenstadt bleibt in | |
ihrem jetzt erschienenen Buch „Kokain-Meere“ unerwähnt: Hamburg, Palermo | |
und das kolumbianische Buenaventura ebenso wenig wie Melbourne, die | |
Marshallinseln oder kroatische und iranische Küsten. | |
Zwischen 70 und 80 Prozent des weltweit konsumierten Kokains wird auf dem | |
Seeweg transportiert, resümiert Pérez, die sich in ihrem Buch mit dem | |
Schmuggel der Droge auf Flüssen, Seen und Meeren beschäftigt. Mit der | |
zunehmenden Globalisierung des Warenverkehrs, so die wenig verwunderliche | |
Quintessenz, steigt auch der Kokainschmuggel permanent an. Ohne die enge | |
Einbindung korrupter Beamter der Polizei, der Hafenaufsicht oder dem Zoll | |
wäre das Geschäft so nicht möglich. | |
Die Mexikanerin hat zahlreiche Häfen besucht, mit Zollfahndern und | |
Mafia-Experten gesprochen sowie Archive gewälzt. Sie verfolgt die großen | |
Schmuggelrouten wie etwa den „Highway 10“, den zehnten Breitengrad, oder, | |
wie Perez ihn nennt, die „Autobahn der Drogenhändler“. | |
## Ein lukratives Geschäft | |
Über diese Linie, die von südamerikanischen Pazifikhäfen über den Atlantik | |
an die westafrikanische Küste, von dort über Land zum indischen Ozean und | |
dann in die Philippinen zieht, transportieren die Kartelle derzeit das | |
meiste Kokain. Aber auch die Azoren sowie deutsche und französische Häfen | |
sind bei den Kriminellen beliebt. | |
Ein Großteil des in Europa konsumierten Kokains gelangt also auf dem Seeweg | |
hierher. Ein lukratives Geschäft, zumal in europäischen Staaten immer mehr | |
gekokst wird und der alte Kontinent in dieser Hinsicht den USA bereits den | |
Rang abläuft. Die italienische ’Ndrangheta verdient an dem illegalen | |
Transport ebenso wie afrikanische Warlords und lateinamerikanische | |
Kartelle. | |
Kontrolliert wird der globale Markt zunehmend von mexikanischen | |
Mafiaorganisationen. Folglich widmet sich die Autorin ausführlich der | |
Entwicklung der Organisierten Kriminalität in ihrem Land. | |
Für die Mexikanerin ist das ein gefährliches Terrain. Wegen ihrer | |
Veröffentlichungen über die korrupten Strukturen des Erdölkonzerns Pemex | |
musste die Journalistin ihre Heimat 2012 verlassen und verbrachte zwei | |
Jahre im Exil in Hamburg. Das habe ihr Leben gerettet, ist Pérez überzeugt. | |
Jetzt lebt sie wieder in Mexiko, und damit in einem Land, in dem zunehmend | |
Medienschaffende ermordet werden. Ihre Rückkehr war eine mutige | |
Entscheidung. | |
Aber das Risiko nehme sie in Kauf, schreibt sie ihrem Vorwort: „Weil ich | |
von der Bedeutung des Journalismus überzeugt bin; und weil die | |
Meinungsfreiheit eine Lebensform und zugleich eine Pflicht gegenüber der | |
Gesellschaft ist.“ Mit ihrem neuen Buch „Kokain-Meere“ ist ihr Leben ganz | |
bestimmt nicht sicherer geworden. | |
30 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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