# taz.de -- Minderheiten in der Ukraine: „Menschenrechte über alles!“ | |
> Knapp 2.000 Demonstranten nehmen an der Gay Pride in Kiew teil. | |
> Rechtsradikale werden von Polizeikräften erfolgreich in Schach gehalten. | |
Bild: Größtenteils friedlich: die Gay-Pride am Sonntag in Kiew | |
KIEW taz | Bei strahlendem Sonnenschein, einem Aufgebot von 6.000 | |
Polizisten und unter strengen Sicherheitsvorkehrungen versammelten sich am | |
Sonntag vor dem Haupteingang der Schewtschenko-Universität in der | |
ukrainischen Hauptstadt Kiew knapp 2.000 Menschen zum „KievPride“. | |
Gemeinsam demonstrierten Schwule, Lesben und Heterosexuelle für eine | |
Gleichberechtigung aller sexuellen Orientierungen. | |
„Menschenrechte über alles!“ skandierten die Demonstrationsteilnehmer, | |
während sie durch die Kiewer Innenstadt zogen. „Unser Marsch ist eine | |
Demonstration für Menschenrechte“ erklärte Anna Scharigina, Leiterin der | |
KievPride-Veranstaltung gegenüber der taz. „Sexuelle Minderheiten müssen | |
gleichberechtigt sein. Das gilt für das Versammlungsrecht, das Steuerrecht | |
und das Erbrecht. Warum haben Partner homosexueller Lebensgemeinschaften | |
nicht die gleichen Rechte, wenn ihr Partner im Krankenhaus liegt, wie | |
heterosexuelle Partner?“ sagte Scharigina. | |
Sie sei überwältigt von dem diesjährigen Marsch. Noch vor einem Jahr habe | |
man den GayPride Marsch vorzeitig wegen Übergriffen Rechtsradikaler | |
abbrechen müssen, so Scharigina. | |
Dieses Jahr habe man breite Unterstützung aus weiten Kreisen der | |
Gesellschaft erhalten. Sogar in der U-Bahn habe man werben dürfen. Und die | |
Polizei habe klar zu erkennen geben, dass sie einen Angriff auf das | |
Versammlungsrecht nicht dulden werde, so Scharigina. | |
## Wieder Freude über Jamala | |
„Dass die Behörden dieses Mal alles getan haben, um einen friedlichen | |
Ablauf der LGBT-Demonstration zu ermöglichen, dürfte auch daran liegen, | |
dass die Ukraine im nächsten Jahr den Eurovision Song Contest durchführen | |
wird,“ meinte ein Teilnehmer. Er freue sich, dass auch die diesjährige | |
Gewinnerin, Jamala, die GayPride unterstütze. | |
Doch das sahen nicht alle so. „Wir wollen kein Sodom“ erklärte Jurij | |
Smetana, der eigens aus Sapaoroschje nach Kiew gekommen war, um gegen die | |
„LGBT-Propaganda“ zu demonstrieren. „Gott hat Mann und Frau geschaffen. W… | |
hier propagiert wird, ist gegen Gottes Wille“ schrie er wütend auf die | |
Teilnehmer ein. „Demonstriert doch in Gayropa, aber lasst uns in der | |
Ukraine in Frieden“. | |
Und eine Frau, die ein Schild „Stoppt Sodom!“ in die Höhe hielt, meinte: | |
„Ich habe Kinder und die werden bald in die Schule gehen. Ich will nicht, | |
dass die im Unterricht etwas von sexuellen Minderheiten erzählt bekommen | |
und mich dann zu Hause fragen, was eigentlich Sex von Homosexuellen genau | |
sei.“ | |
Polizei und Veranstalter hatten massive Störungsversuche rechtsradikaler | |
Gewalttäter erwartet. Doch lediglich am Rande der Veranstaltung war es zu | |
Rangeleien mit Kritikern gekommen. | |
Mehrere „Anhänger traditioneller Familienwerte“ hatten mit Flugblättern u… | |
Plakaten die „LGBT-Propaganda“ verurteilt. 50 Personen, so die ukrainische | |
Polizeichefin Chatija Dekanoidse gegenüber ukrainischen Journalisten, seien | |
deswegen kurzzeitig festgenommen worden. | |
12 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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