# taz.de -- Kopf-an-Kopf-Rennen in Österreich: Rechnen, schätzen, raten | |
> Hofer und Van der Bellen liegen laut Hochrechnung – inklusive | |
> Briefwahl-Schätzung – gleichauf. Erst am Nachmittag soll das Endergebnis | |
> vorliegen. | |
Bild: Das Ergebnis lässt auf sich warten | |
Wien rtr | Im Kampf um das Präsidentenamt in Österreich liefern sich der | |
Rechtspopulist Norbert Hofer und sein unabhängiger Rivale Alexander Van der | |
Bellen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wer den Wettlauf um das oberste Staatsamt | |
in der Alpenrepublik gewinnt, stand am Sonntag nach der Stichwahl noch | |
nicht fest. Erst die Auszählung der knapp 900.000 Briefwahlstimmen am | |
Montagnachmittag wird Gewissheit über den Sieger bringen. | |
Der Kandidat der rechtsgerichteten Freiheitlichen Partei (FPÖ), Hofer, lag | |
in der ersten Hochrechnung knapp vorn, verlor im Verlaufe der Auszählung | |
aber stetig Stimmen an den ehemaligen Vorsitzenden der Grünen, Van der | |
Bellen. | |
In der jüngsten Hochrechnung des Instituts Sora im Auftrag des | |
Österreichischen Fernsehens (ORF) lagen die beiden Kandidaten mit 50 | |
Prozent gleichauf. In dieses Ergebnis sind auch erste Schätzungen für die | |
Briefwahl eingeflossen. Laut vorläufigem Endergebnis – indem noch keine | |
Briefwahlstimmen berücksichtigt sind – liegt Hofer mit 51,9 Prozent voran. | |
Van der Bellen kommt demnach auf 48,1 Prozent. | |
„Das hat sich niemand gewünscht, wir wollten beide heute gut schlafen. Ich | |
bin schon lange in der Politik, ich habe aber noch nie so einen Wahlabend | |
erlebt“, sagte Hofer. Sein Kontrahent Van der Bellen zeigte sich in einer | |
ersten Reaktion stolz, dass er den großen Vorsprung von Hofer aufgeholt | |
habe. Der FPÖ-Kandidat hatte die erste Runde der Präsidentenwahl vor vier | |
Wochen mit gut 35 Prozent klar gewonnen. Das war das bisher beste Ergebnis | |
der FPÖ in einer bundesweiten Abstimmung. | |
Van der Bellen lag rund 14 Prozentpunkte hinter Hofer. Allerdings blieb | |
damals ein Drittel der rund 6,4 Millionen Wahlberechtigten der Abstimmung | |
fern. „Die wenigsten haben geglaubt, dass das aufholbar ist“, sagte Van der | |
Bellen nach der Hochrechnung. | |
## Profit geschlagen aus der Flüchtlingskrise | |
Sollte Hofer als Sieger aus dem Rennen gehen, würde erstmals in einem | |
EU-Mitgliedsland ein Rechtspopulist das höchste Staatsamt übernehmen. Auf | |
die Frage, ob ein Sieg der FPÖ der „schlimmste Rechtsruck in Österreich | |
seit 1945“ sei, antwortete Hofer: „Das ist völlig absurd“. Die FPÖ sei | |
keine Partei, die ganz rechts stehe. „Ich würde mich als | |
Mitte-Rechts-Politiker mit großer sozialer Verantwortung bezeichnen“, sagte | |
Hofer. | |
Die FPÖ profitierte zuletzt vor allem von der Flüchtlingskrise. Die | |
rot-schwarze Bundesregierung hatte zwar zuletzt ihren Asylkurs im Einklang | |
mit den Staaten auf dem Balkan deutlich verschärft. Punkten konnten die | |
Kandidaten von den beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP damit aber nicht. | |
Sie hatten erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs keine Chance mehr, den | |
Bundespräsidenten zu stellen. Ihre Kandidaten landeten im ersten Wahlgang | |
mit jeweils rund zehn Prozent weit abgeschlagen. Auch deswegen trat | |
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) Anfang Mai zurück. | |
## Wahlmotiv Angst | |
Die FPÖ ist hingegen seit Jahren im Aufwind. Die Partei legte bei den | |
jüngsten Regionalwahlen in Wien, Oberösterreich und im Burgenland stark zu | |
und kommt in Umfragen auf Bundesebene auf rund 30 Prozent der | |
Wählerstimmen. Der 45-jährige gelernte Flugzeugtechniker Hofer punktete im | |
Wahlkampf mit seinem Anti-EU-Kurs und seiner Forderung nach einer | |
strengeren Asylpolitik. | |
Auf seiner Internet-Seite wirbt Hofer damit, dass das wichtigste politische | |
Projekt der Schutz der Grenzen sei. Das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU | |
und der Türkei bezeichnete er als „fatal“. Politologen zufolge war das | |
stärkste Wahlmotiv für Hofer-Wähler jedoch die wirtschaftliche Angst. | |
Demnach trauen die Österreicher Hofer eher zu, die Alltagsproblem zu lösen. | |
Der 72-jährige studierte Wirtschaftswissenschaftler Van der Bellen vertritt | |
hingegen einen liberaleren Asylkurs und ist nach eigenen Angaben | |
„pro-europäisch“. Er ist selbst als Immigrantenkind in Österreich | |
aufgewachsen. Rückenwind bekam der Ex-Parteichef der Grünen vom neuen | |
Kanzler Christian Kern (SPÖ). | |
23 May 2016 | |
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