# taz.de -- Muslime an der TU Berlin: Freitagsgebet als Protest | |
> 200 DemonstrantInnen beten vor der Technischen Universität – aus Protest | |
> gegen die Schließung ihrer Gebetsräume. Der Unipräsident wird hart | |
> angegangen. | |
Bild: Beten aus Protest gegen die Unileitung: Muslime am Freitag vor der TU | |
Dicht gedrängt sitzen 200 Männer auf Gebetsteppichen gen Mekka vor dem | |
Hauptgebäude der Technischen Universität (TU) Berlin. In den letzten Reihen | |
haben sich mit etwas Abstand 16 Frauen eingefunden. Dann, gegen 13.30 Uhr, | |
beginnt das Freitagsgebet. Eine Frau hält ein Schild mit der Aufschrift: | |
„Verbieten ist kein Miteinander.“ | |
Um die Betenden herum reihen sich ein gutes Dutzend PolizistInnen und | |
JournalistInnen. Einige Studierende bleiben auf ihrem Weg aus dem | |
TU-Gebäude verwundert stehen. Andere setzen sich teilnahmslos neben den | |
Gebetsteppichen hier auf den Platz vor der Uni und halten ihre Gesichter in | |
die Sonne. | |
Mitte März schloss die TU Berlin zwei Gebetsräume. Dort hatten muslimische | |
Studierende mehr als 50 Jahre täglich gebetet. „Ein staatlicher | |
Universitätscampus ist für die aktive Religionsausübung in Formen von | |
Gottesdiensten, Messen und Freitagsgebeten der falsche Ort“, rechtfertig | |
die Hochschule ihre Maßnahme auch am Freitag noch einmal. Selbst auf den | |
Freiflächen auf dem Uni-Campus ist das Beten untersagt. | |
Mit ihrem Gebet protestieren die DemonstrantInnen gegen die Schließung der | |
Gebetsräume – und nehmen Unipräsident Christian Thomsen ins Visier. | |
Autokratisch habe dieser die Entscheidung, Gebetsräume schließen zu lassen, | |
entschieden, ruft ein Demonstrant durch das Megaphon. „Wollen Sie den Juden | |
auch das Gebet verbieten?“, fragt ein 29-jähriger TU Student, der anonym | |
bleiben möchte, durchs Megaphon. Und antwortet gleich selbst: „Nein wollen | |
Sie nicht. Dann verlieren Sie nämlich ganz schnell Ihren Job“. | |
„Es geht um den Willen einer einzelnen Person, der hier ausgeübt wird“, | |
kritisiert Dawud Ansari. Der 24-jährige Volkswirtschaftler arbeitet als | |
studentischer Mitarbeiter an der TU. In der Stellungnahme betont die TU, | |
dass „der Beschluss des Präsidiums […] von zahlreichen TU-Mitgliedern, | |
darunter Gremienmitglieder und Dekane“ getragen werde. | |
Sadia (28) und Fatima (19) befürworten den Protest, obwohl sie nicht daran | |
teilnehmen: „Die Begründung für die Schließung der Universität können wir | |
nicht nachvollziehen“, sagen die beiden muslimischen TU-Studierenden. Zum | |
Demonstrieren hätten sie aber keine Zeit, sagen sie und eilen zu einer | |
Lehrveranstaltung. | |
Doch die Entscheidung der Unileitung wird auch positiv aufgenommen. „Ich | |
bin Muslima und trage kein Kopftuch. Deswegen werde ich hier an der TU | |
mittlerweile von vielen anderen muslimischen Studierenden komisch | |
angeguckt“, sagt Lara. Die 23-jährige TU-Studentin möchte deswegen ihren | |
wirklichen Namen auch nicht nennen. Sie schaut skeptisch auf die betenden | |
DemonstrantInnen. | |
Gebetsräume an der Uni fände sie prinzipiell gut. Allerdings habe sich die | |
Stimmung in der letzten Zeit sehr verändert. „Ich habe das Gefühl, dass | |
Externe die Freitagsgebete der TU beeinflusst haben“, sagt Lara. „Eine | |
kleine Gruppe an Hasspredigern, die versuchen, moderate Muslime für sich zu | |
gewinnen, ist das Letzte, was wir Muslime in der heutigen Zeit brauchen.“ | |
Dass sich die Stimmung bei den Freitagsgebeten in den Gebetsräumen der TU | |
verändert habe, bestreitet der Demonstrant Dawud Ansari. Auf „maximal 10 | |
Prozent“ schätzt er den durchschnittlichen Anteil an Externen, die vor der | |
Schließung der Räumlichkeiten in die Universität zum Beten gekommen seien. | |
Von der Unileitung heißt es am Freitag: „Wir akzeptieren den Protest“. Die | |
Entscheidung werde aber nicht revidiert. | |
20 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Sophie Schmalz | |
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